special
"Der
Blues der Bücher" erzählt von der Erfindung
des männlichen Gottes, der Macht der "Heiligen
Schrift" und der Kunst, sich selbst zu beherrschen.
Männerherrschaft
I
Highway
zur Hölle
Frau
weniger wert
Übergang
Genmutation
Gott
in den Frauen
Ursprung
der Schrift
Gesetzbücher
Muttergöttin
eine
Theorie
Anfänge
schöpferische
Frauen
Himmelskönigin
die
wilde Kuh
Tochter
Gottes
die
Drachin Tiamat
Ursprung
aller Kultur
Antwort
der Männer
Männerherrschaft
II
Feuerzeichen
neue
Götter
Enuma
elisch
Auge
um Auge
Gesetze
born
to be wild
Ahura
Mazda
Teufel
und Hexen
Gut
und Böse
Pandora
Hochgott
Él
Alleinherrschaft
neue
Geschichten
großer
Gott
Beelzebub
schwer
zu begreifen
Töchter
Alláhs
satanische
Verse
heiliger
Krieg
Männerherrschaft III
alles
geregelt
das
weiße Kamel
Jungfraugeburten
Achsenzeit
neue
Bücher
Gott
im Himmel
Rache
der Männer
an
einem Montag
Märchen
einfacher
zu glauben
Schöpfungsgeschichten
UFOs
geistige
Reife
Zweifel
welche
Wahrheit?
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Sie
hatte Zweifel an dem Gott ihrer Kindheit und den Göttern
im allgemeinen. Es
gab so viele verschiedene widersprüchliche Glaubenssysteme,
so viele Regeln und Gesetze. Was den einen der Himmel,
das war den anderen die Hölle. Elise wusste nicht
mehr, was sie glauben sollte. War Gott vielleicht nur
eine menschliche Erfindung? Der Versuch, das Unbegreifliche
in eine Schublade zu stecken, damit man nicht dauernd
darüber stolperte?
Was war am Anfang? Das Wort oder der Big-Bang? Sie wollte
das endlich klären. Wenn es tatsächlich einen
richtigen Gott gab und jemand glaubte an den falschen,
dann kam der doch hinterher in die Hölle, ohne zu
wissen, warum. Wenn es aber überhaupt keinen Gott
gab, dann gab es auch keinen Grund, sich schlecht zu fühlen
und sich das Leben zu Hölle zu machen. Wir sollten
uns das Problem einmal anhand von Zahlen vor Augen führen.
Auf der Erde seien im Moment knapp fünf Milliarden
Menschen verkörpert, die mehr als fünfhundert
verschiedenen religiösen Richtungen angehörten.
Angenommen,
die Christen hätten den richtigen Gott, so, wie sie
das behaupten. Dann würden doch alle Nichtchristen
nach ihrem Abgang auf Ewig in der Hölle schmoren.
Vier Milliarden Menschen. Und vermutlich würden selbst
von den Christen 99% in der Hölle landen, wegen der
Sexualität.
Bei
den Moslems sei es genau das gleiche. Wenn der unsichtbare
Alláh der einzige Gott wäre, so wie der Islam
das behauptet, dann würden erneut vier Milliarden
Ungläubige in der Hölle landen, und zusätzlich
99% der Moslems, wegen der Sexualität. Die Sexualität
sei doch geradezu ein Highway zur Hölle. Die Bedingungen
für die Zulassung zum Paradies seien besonders für
Frauen so unerreichbar, dass man meinen könnte, die
Götter der großen Schriftreligionen seien in
Wirklichkeit selbst die Herren der Hölle. Von früh
bis spät darauf bedacht, unerfüllbare Gebote
auszuklügeln und Fallen zu stellen, um ihre finsteren
Gefilde mit frischen Sündern zu füllen.
Elise
gingen die Widersprüche auf den Geist. Warum sollte
der Mensch weniger wert sein als Gott, wenn er doch nach
dem Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Warum sollte eine
Frau weniger wert sein, als ein Mann? Warum sollte Gott
überhaupt etwas minderwertiges erschaffen haben?
Das sei doch verrückt. Wer hatte sich so etwas ausgedacht?
Selbst wenn die religiösen Vorstellungen der Menschen
nur Projektionen waren, wenn sich die Menschen ihre Götter
selbst erdachten, woher kamen dann diese rigiden, die
menschliche Natur verneinenden Gesetze in den heiligen
Schriften? Diese Verteufelung der Sexualität und
der mörderische Frauenhass?
Kris
kannte ein paar Antworten:
Für Sigmund Freud (1856-1939) war Religion nichts
anderes als "eine universale Zwangsneurose der Menschheit,
der Zwangsneurose von Kindern vergleichbar".
Karl Marx (1818-1883) verglich die Religionen, aufgrund
der Erfahrungen der französischen Revolution, sogar
mit Opium. Religion sei Opium fürs Volk. Ein Betäubungsmittel
für die Armen im Geiste.
Die
religiösen Schriften der letzten 4000 Jahre stammten
ganz sicher nicht von Gott, sondern waren menschliche
Erfindungen der jeweiligen weltlichen Herrscher. Gesetzbücher
auf primitivstem männlichen Niveau. Ein Zeugnis des
Übergangs vom Matriarchat zum Patriarchat. Als die
Frauen noch das Sagen hatten, gab es keine Gesetzbücher.
Auch keine heiligen Schriften. Nur Musik und Tanz. Heilige
Rhythmen und Klänge.
*
Im
Anfang war das Wort noch bei Gott, bis es vor 45.000 Jahren
infolge einer Genmutation bei einer kleinen Gruppe von
Menschen zu einer "geistigen Revolution" auf
der Erde kam: zur Entdeckung der Sprache. Der proto-moderne
Mensch (Homo sapiens, sapiens) war plötzlich aufgetaucht,
um den Neandertaler (Homo sapiens, heidelbergensis) zu
verdrängen, der vor 34.000 Jahren plötzlich
verschwand. So hatten wir es in der Schule gelernt.
Durch die Absenkung des Kehlkopfes bei ein paar proto-modernen,
hochstirnigen Menschen, die einst aus Afrika zum Kaspischen
Meer wanderten, entwickelten sich in einem Zeitraum von
5000 Jahren die verschiedensten Sprachen, die danach durch
Wanderbewegungen in alle Welt getragen wurden. Die
sprachgewandten neuen Menschen waren durch ihr Kommunikationssystem
den alten Neandertalern mit ihren unartikulierten Lauten
so weit überlegen, dass der Neandertaler schließlich
den Faustkeil abgeben musste.
Kris
machte uns darauf aufmerksam, dass genau zu dieser Zeit
der Expansion des modernen Menschen vor 40.000 Jahren
Australien von Seefahrern besiedelt wurde. Mit der Sprache
sei auch die Seefahrt zu den Menschen gekommen, und die
Lust zu entdecken, was sich hinter dem Horizont befand.
Das Staunen und die Ehrfurcht vor den
Wundern des Lebens wurden in Felszeichnungen und Höhlenbildern
zum Ausdruck gebracht. Gott steckte in den wilden Tieren
und später in den Frauen. Erst nach der Erfindung
der Keilschrift in Mesopotamien und der Hieroglyphen in
Ägypten vor etwas mehr als 5000 Jahren (3200 v. u.
Z.), habe die Menschheit damit begonnen, männliche
Götter zu erfinden und menschenverachtende Gesetzbücher
zu schreiben, die das Weibliche und die Sexualität
verteufeln.
Die
Ursprünge der Schrift lagen in den einfachen Merkzeichen
und tönernen Wertmarken der Schaf- und Ziegenhirten,
die vor 10.000 Jahren, als es noch keine Zahlen gab, irgendwie
ihre Herden zählen mussten. Noch älter waren
die Knotenschnüre und Kerbhölzer, mit denen
die verschiedensten Werte geordnet werden konnten. Die
gab es bereits vor 300.000 Jahren.
Kris
erzählte, dass in England die Steuerabrechnungen
noch bis ins 19. Jahrhundert hinein auf Kerbhölzern
verbucht wurden, den sogenannten "tallies".
Als die tallies nach einer Reform der Buchhaltung 1834
in einem Ofen des Oberhauses verbrannt werden sollten,
ging dabei das ganze Gebäude in Flammen auf. Der
Maler William Turner erlebte dieses Ereignis und verewigte
den "Brand des Parlamentsgebäudes" in einem
seiner Meisterwerke.
*
Gesetzbücher
und heilige Schriften existierten bereits vor der Erfindung
des Alphabets, so wie es den Kalender bereits vor Erfindung
der Schrift gab. Das Kerbholz war der erste Kalender der
Menschheit. Damals hatten die Menschen entdeckt, dass
die Zeit kostbar war und sich damit handeln ließ.
Mit
dem primitiven Kerbholz des Homo erectus fing vor 300.000
Jahren alles an. Die Geschichte der Zeit und die Geschichte
der Schrift. Mit aus Ton geformten Wert- und Zählmarken
der jungsteinzeitlichen Weidehirten entstand daraus vor
etwa 10.000 Jahren ein vergleichsweise umfassendes Informationssystem,
das erst 5000 Jahre später durch die Entwicklung
der Keilschrift abgelöst wurde. Nach
der Erfindung der monatlichen Abgaben (Steuern) für
die Tempel- und Palastwirtschaften der beginnenden städtischen
Hochkulturen vor 5600 Jahren, drückten amtliche Priester
diese Wertmarken der Hirten und Bauern wie Siegel in frischen
Ton, sobald die Steuerschuld beglichen war. Später
entstand aus dieser Eindrucktechnik die Keilschrift.
Die
Erfindung der Schrift war ursprünglich eine kaufmännische
Idee. Ein Buchführungssystem mit einer Vielzahl von
Zeichen, aus denen schließlich durch Kreuzung mit
anderen Buchführungssystemen vor 3000 Jahren in Palästina
das Uralphabet entstand. Später entwickelte sich
daraus das griechische (ca. 1000-600 v. u. Z.) und schließlich
das römische Alphabet (ca. 600-300 v. u. Z.), von
dem unsere modernen lateinischen Buchstaben abstammen.
Kris
vertrat die Auffassung, bei der Erfindung der Schrift
sei es in erster Linie um Macht und Geld gegangen. Der
Übergang vom Matriarchat zum Patriarchat sei ein
jahrtausende währender Krieg der Geschlechter um
die Macht gewesen, der mit Hilfe der Schrift geführt
wurde, bis die Männer die Frauen dort hatten, wo
sie sie haben wollten.
Anhand der archäologischen Befunde könne man
erkennen, dass es vor der Erfindung der Schrift weltweit
nur die große Muttergöttin gab. Die Menschen
der vorgeschichtlichen Zeit hätten 20.000 Jahre lang
immer wieder diese wundervollen weiblichen Figurinen hergestellt,
mit den riesigen Brüsten und den gewaltigen Hinterteilen.
Die Sexualität sei als etwas Heiliges verehrt und
so oft wie möglich praktiziert worden. Kris
mochte diese prallen, prähistorischen Venusfiguren.
Das sei bestimmt eine lustvolle Zeit gewesen. Elise verzog
das Gesicht. Sie konnte sich das nicht vorstellen. Sie
kam aus einem christlichen Elternhaus. Ihre Eltern waren
Quäker. Da gab es keinen ungezügelten Sex. Für
die Quäker war das Leben eine Aufgabe und kein Vergnügen.
*
Kris
hatte eine Theorie, wie es zum Krieg der Geschlechter
kam: Die Frauen hätten wahrscheinlich nach dem Ende
der letzten Eiszeit vor 10.300 Jahren damit begonnen,
ihre Männer zu unterdrücken und auszubeuten.
Aus lauter Langeweile. Die Gletscher schmolzen dahin.
Die Natur blühte plötzlich auf. Das Leben wurde
leichter. Es gab wildes Getreide und essbare Tiere im
Überfluss. Die Flüsse waren gefüllt mit
Fischen. Handmühlen für Getreide wurden erfunden
und die Keramik, um Vorräte zu halten in Gefäßen
aus Ton.S
Die Menschen wurden zunehmend sesshaft. Es war nicht mehr
notwendig, hinter der Nahrung herzulaufen. Die Männer
konnten in Ruhe Fische fangen. Sie kannten bereits das
Paddelboot, das Fischernetz und die Harpune (seit 10.000
v. u. Z.). Wahrscheinlich wurden sie schwächlich
und fett.
Kris
meinte, dass die Frauen sie zur Strafe nachts vor den
Häusern an Pfählen festbanden. Ihr Geheul sollte
die wilden Tiere anlocken. Ein alter Trick, mit dem sie
bereits vor 12.000 Jahren den Wolf domestizierten. Die
Männer waren ewig im Kreis herumgelaufen, hatten
dabei Rache geschworen, geklagt und gemeckert, sodass
später auch wilde Schafe und Ziegen herbeikamen.
So sei durch die Klugheit der Frauen bereits vor etwa
10.700 Jahren (8700 v. u. Z.) erstmals das Schaf und die
Ziege domestiziert worden, und vor 9500 Jahren das Schwein
(7500 v. u. Z.).
So begann das Neolithikum, die Jung- oder Neusteinzeit
(Vorderer Orient: ab 8000 v. u. Z. - Mittelmeerraum: 7000-2300
v. u. Z.). Die Menschen verließen ihre Höhlen
und lebten in immer größeren Gruppen zusammen.
Vor
9000 Jahren entstanden die ersten dörflichen Gemeinschaften
und später kleinere Städte. Das Rind erhielt
seinen Platz im Stall. Es war der Beginn der Landwirtschaft.
Der Anfang eines neuen Denkens, eines neuen Bewusstseins.
Eine echte Revolution. Jäger und Sammler entwickelten
sich innerhalb weniger Jahrtausende zu Hirten und Bauern. Aus
Opfern, die von den Zufälligkeiten der Natur lebten,
wurden nun Schöpfer, die im Frühjahr einen Teil
ihrer Nahrung in die Erde steckten, um im Herbst ein Vielfaches
zu ernten.
Mit
der Landwirtschaft hatten die Frauen auch die Kultur erfunden.
Die wilde Natur wurde nun kultiviert. Die prallen Venusfiguren,
die seit ewigen Zeiten gesichtslos dargestellt worden
waren, bekamen zunehmend menschliche Gesichter und einen
Stier an ihre Seite, oder ein Baby auf den Arm. Der Stier
galt als Partner der großen Göttin, die für
die Fruchtbarkeit der Gartenkulturen und der kleinen Herden
zuständig war. Kris
meinte, der gehörnte Stier der Jungsteinzeit sei
die erste archäologisch verbürgte, männliche
Gottheit in der Geschichte der Menschheit.
Vor
etwa 6000 Jahren kam es schließlich in Mesopotamien
(Land zwischen den Flüssen) durch die Entwicklung
der Milchwirtschaft und die Erfindung des Pfluges zu einer
weiteren landwirtschaftlichen Revolution, der sogenannten
"Rind-und-Pflug-Revolution", in deren Folge
später die ersten städtischen Hochkulturen entstanden,
die Städte Ur und Uruk in Sumer, dem Land der "Schwarzköpfe".
Die
Männer mussten nun tagaus, tagein auf den Feldern
arbeiten. So wurde die Maloche erfunden, aber die Männer
wollten das nicht. Sie wussten noch, wie es früher
gewesen war, als sie frei und stolz den wilden Tieren
Fallen stellten.
Nun mussten sie von früh bis spät mit dem Pflug
in der Hand den Hintern eines Rindviehs betrachten, um
dann nach Feierabend ihren Matronen den Stier zu machen.
So kam es, dass sie schließlich, durch das ewige
Pflügen und Säen, ihre eigene Sexualität
entdeckten, dass sie sexuelle Wesen waren, mit eigenen
Interessen und Bedürfnissen, und der Macht, eigene
Nachkommen zu zeugen. Die Frauen galten jahrtausendelang
als Herrinnen über Leben und Tod, magische Wesen,
aus denen auf wunderbare Weise immer neues Leben hervorkam. Durch
die regelmäßige Arbeit mit dem Pflug auf dem
Feld, fiel dann bei den Männern zum Schluss der Groschen.
Mit der Erfindung der Kultur hatten sich die Frauen ihr
eigenes Grab geschaufelt. Mit der Erfindung der Schrift
schufen sie sich den eigenen Grabstein. Das geschah vor
rund 5000 Jahren. Vor dieser Zeit gab es nur Zählmarken
und Merkzeichen und die Machtworte der göttlichen
Matronen.
Barry
wollte nicht glauben, dass die Schrift von den Frauen
erfunden wurde. Dafür gebe es keinen Beweis. Auch
Roy hatte Zweifel, doch Kris konnte seine Theorie erhärten.
Eines der ältesten Schriftzeichen der Menschheit
sei das Schilfbündel der sumerischen Himmelskönigin
Inanna. Wenn wir schon an Götter glauben wollten,
dann sollten wir uns an die Originale halten.
*
Mit
der Erfindung der Keilschrift bekam die seit 20.000 Jahren
verehrte große Muttergöttin erstmals einen
Namen:
"Inanna", Königin des Himmels und der Erde.
Die
sumerische Himmelskönigin Inanna und ihre große
Familie war die eigentliche Kulturbringerin der Menschheit.
Sie wurde auch die wilde Kuh genannt, als Hinweis auf
ihre dunklen Seiten. Die Sternengöttinnen und Götter
kamen damals von den Plejaden auf die Erde, um sich auf
Kosten der Menschen ein schönes Leben zu machen.
Sie hatten blaues Blut und eine blaue Hautfarbe.
Inanna
machte sich einen Namen als Königin über Himmel
und Erde. Sie war die Verkörperung der Herrin der
Tiere und Pflanzen. Sämtliche Mythen und alle religiösen
Vorstellung die später entstanden, waren entweder
Plagiate dieser uralten Geschichte, oder Reaktionen darauf. Über
die Jahrtausende hinweg wurde sie als Liebes- und Todesgöttin
verehrt, unter den verschiedensten Namen wie Ishtar, Astarte,
Anath oder Aphrodite. Sie war Hathor und Isis, die göttliche
Himmelskuh, Berchta und Freya, oder einfach nur die strahlende
Priesterin alles Lebendigen, die leuchtende Venus, der
Morgen- und der Abendstern, die heilige Himmelspriesterin
und die Tochter des Mondes, die der Menschheit die Kultur
gebracht hatte.
Die
Männer lernten nun Lesen und Schreiben. Sie wurden
in den Tempeln ausgebildet, in Wort und Schrift die Geheimnisse
der Sexualität zu preisen, die heilige Hochzeit,
die heiligen Huren, und die Geschichte der Himmelskönigin
Inanna, der geliebten "Tochter Gottes" die auf
die Erde kam, die Menschheit vom Leiden zu erlösen.
Sie war hinabgefahren in die Unterwelt und hatte für
die Liebe ihr Leben gelassen, um später wieder aufzuerstehen
von den Toten.
Die
Leidensgeschichte der Himmelskönigin Inanna wurde
für die Nachwelt schriftlich festgehalten und ihre
Liebeskunst als frohe Botschaft in Liedern besungen.
Inanna hatte der Menschheit das Bett gebracht, den Altar
der Liebe, und das Freudenhaus. Inanna war alles in allem
gewesen. Die abgewiesene Werberin um die Liebe des sterblichen
Halbgottes Gilgamesch, und die Göttin der heiligen
Jungfrauen der Prostitution, der "Bräute Gottes",
deren Kinder "Jungfraugeborene" hießen. Das
Wort "Jungfrau" bedeutete einfach nur, dass
sie jung waren und unverheiratet. Menstruationsblut und
Sperma galten als magische Götterspeise. Oben auf
den Stufenpyramiden vereinigten sich die Göttinnen
und Götter mit den Töchtern und Söhnen
der Menschen und brachten ihnen die Geheimnisse der Liebe
bei.
Inanna's
Geschichte, und der Mythos von Marduk, der die große
Drachin Tiamat getötet hatte, um das vermeintliche
Chaos zu ordnen, wurde zur unerschöpflichen Quelle
aller späteren Mythen und Religionen der westlichen
Welt. Wie Marduk die wilde Drachin Tiamat zerschlug, so
bändigte Ba'al den Drachen Lotan, Jahwe den Leviathan
und Jesus den Satan. Wie die Erlöserinnen Inanna,
Ishtar oder Anat, so stieg auch Isis in die Unterwelt
hinab, um dem geliebten Osiris mit ihrer Liebeskunst neues
Leben einzublasen.
nanna
brachte der Menschheit die Kultur. Sie gab den Frauen
die Schrift und verriet ihnen die Geheimnisse der Sexualität.
Durch Inanna's Priesterinnen der Liebe entwickelte sich
die Sexualität zum erotischen Gottesdienst ohne jedes
Tabu.
Später verfluchte der Ewige diese archaischen Rituale
aufs Schärfste, und untersagte seinem Volk, sich
wie die Tiere von achtern zu begatten. Sie sollten sich
dabei in die Augen schauen, "one man to one woman",
wenn es denn schon sein musste. So wurde von den Hebräern
vor knapp 3000 Jahren die Missionarsstellung erfunden.
*
Kris
hätte zu gern ein paar Tage in dieser Zeit der Liebe
gelebt, vor 5000 Jahren im Zweistromland, als die Schrift
erfunden wurde. Der Ursprung aller Kultur war die Sexualität.
Inanna's Weisheiten kamen aus ihrer Vulva. Da konnten
die Männer nicht mithalten. Nachdem sie sich als
sexuelle Wesen erkannt hatten, fühlten sie sich machtlos.
Sie wehrten sich dagegen.
Der
Beginn der Zivilisation in den städtischen Hochkulturen
Mesopotamiens war auch der Beginn der großen Kriege
und der Beginn des heißen Endkampfes zwischen den
Geschlechtern, der mit der Erfindung der Schrift vor mehr
als 5000 Jahren von den Frauen entfacht, und mit der Erfindung
der Religionen vor 2500 Jahren endgültig zugunsten
der Männer entschieden wurde.
Sie
waren es leid gewesen, ständig Loblieder auf ihre
Matronen singen zu müssen, und als Lustobjekte missbraucht
zu werden, als Pflug und Sämann auf dem Altar der
unstillbaren weiblichen Lust. Das ganze Leben drehte sich
nur noch um die Begattung. Danach mussten sie alles aufschreiben,
so wie es ihnen diktiert wurde. Durch das viele Schreiben
entdeckten sie mit der Zeit die Macht des geschriebenen
Wortes, die metaphysische Kraft der Schrift. So schlugen
sie die große Göttin mit ihren eigenen Waffen.
Die Frauen hatten die Schrift erfunden.
Die Antwort der Männer war die Erfindung der "Heiligen
Schrift".
Mit
freundlicher Genehmigung des Autors
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Raphael Rabenherz
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