Die
Buchreligionen Judaismus Christentum
Islam
Judaismus
Nach jüdischem Gesetz ist Jude, wer eine jüdische Mutter hat, oder
nach orthodoxem Ritus zum Judentum übergetreten ist. Viele Juden
verstehen sich nur als Angehörige einer Religionsgemeinschaft. Judaismus
/ Judentum Führer und Propheten J
H W H Die Tora Die
Zehn Gebote Glauben Koscher
LINKS Judaismus
/ Judentum Das Judentum ist eine Bezeichnung
des jüdischen Volkes und/oder der jüdischen Religionsgemeinschaft. Die
Juden bilden eine zugleich religiöse wie ethnische Gemeinschaft, und sehen
sich nach traditionellem Selbstverständnis als Nachkommen der biblischen
Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob. Ursprünglich bezeichnet das
Wort jehudi (hebr.) nur den Angehörigen des israelitischen Stammes Juda (1
Chr 4,18), später ebenso den Einwohner des gleichnamigen Südreiches
und der Provinz Judäa. Da Juda und Judäa in nachexilischer Zeit eine
führende Stellung im Volk Israel einnehmen, wird das Wort »Juden«
zur Bezeichnung des ganzen Volkes gebraucht. Das Judentum beginnt religionsgeschichtlich
mit dem Ende des Reiches Juda (587 v. Chr.), mit der Zeit des Babylonischen Exils.
Es stellt die zweite Entwicklungsphase der israelitisch-jüdischen Geschichte
dar und führt die Traditionen der ersten Phase der israelitischen Religion
fort, dieser auf Mose (ca. 1250 v. Chr.) zurückgeführten Religion der
Israeliten, eines sakralen Stämmeverbandes, der in den 12 Söhnen eines
Stammvaters Jakob mit dem Bei- und Ehrennamen Israel ( hebr. »Gott möge
sich als Herrscher erweisen«) personifiziert und nach letzterem benannt
ist. Nach Mose wird die israelitische Religion auch als mosaische Religion
bezeichnet. Die Anhänger der israelitisch-jüdischen Religion
werden zur Zeit der 1. Phase vorwiegend Israeliten und die zur Zeit der nachfolgenden
Phase Juden genannt. Hebräer ist ein in der Diaspora aufgekommener häufiger
Name der Israeliten als der Nachkommen eines Stammvaters Eber (Ewer), der ein
Urenkel Sems (Gen 10,21 ff.) ist. Für das Judentum ist die israelitische
Religion normativ für den Glauben an Jahwe als den einen und alleinigen Gott,
den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde. Das Judentum gehört
zu den semitischen und den vorderasiatischen Religionen und wird zu den Weltreligionen
gerechnet.
Führer und Propheten Das Judentum
entstand vor über 4000 Jahren im Mittleren Osten. Die ersten Juden gehörten
Nomadenstämmen an. Im Judentum gibt es keinen einzelnen Stifter, sondern
Führer und Propheten, die Gottes Willen verkünden. Die erste,
historisch zumindest in Umrissen fassbare Gestalt findet sich in Mose, der als
Sohn semitischer Eltern (aus dem Stamm Levi) geboren wird, als in Ägypten
Pharao Ramses II. (1290-1224) regiert, und unter anderem auch semitische Nomaden
aus dem Stamme Josefs Frondienste für die Ägypter leisten müssen.
Da ein Gebot des Ramses besteht, dass alle semitischen Jungen zu töten sind,
wird Mose in einem Schilfkörbchen auf dem Nil ausgesetzt, dann als Findelkind
von einer Tochter des Pharao geborgen und am Hof erzogen. Nach einem patriotischen
Mord flieht Mose zum Hirtenvolk der Midianiter und heiratet hier die Zippora,
die Tochter des Priesters Jethro (Jitro). Der Schafe hütende Mose erlebt
am Berge Horeb (Sinai) das Phänomen des brennenden, aber nicht verbrennenden
Dornstrauchs. Der Lokalgott Jahwe offenbart hier in der Wüste seinen Namen:
»Ich werde da sein, als der ich da sein werde« (Ex 3,14; nach M. Buber)
und beruft Mose zu seinem Propheten: er soll die Israeliten aus der ägyptischen
Knechtschaft befreien. Mit seinem Bruder Aaron kehrt Mose nach Ägypten
zurück, um vom Pharao die Freilassung der Israeliten zu erreichen. Nacheinander
suchen 10 verschiedene Plagen das Land heim, bis zur letzten, die den Tod aller
Erstgeburt von Mensch und Tier bedeutet, und mit der erstmalig die Feier des Passahfestes
verbunden ist, das zur Erinnerung an die Befreiung aus der Knechtschaft jährlich
gefeiert wird. Da endlich ist der Herrscher bereit, Mose und die Israeliten gehen
zu lassen. Jahwe zieht dem wandernden Volk als Wolken- und Feuersäule voraus.
Doch der Pharao widerruft seine Zustimmung und eilt dem Volk mit seinem Heer nach.
Da durchschreiten die Israeliten das Rote Meer trockenen Fußes, während
die Ägypter in den Fluten umkommen. Für die Israeliten bestätigt
das die Macht Jahwes und seines Mittlers Mose. Am Berg Sinai ereignet
sich die entscheidende (Sinai-) Offenbarung Jahwes, der hier einen Bund mit dem
Volk Israel schließt, womit im eigentlichen Sinn die israelitische Volksreligion
gestiftet wird. Inhalt der Offenbarung ist die Verfassung des Bundes, das Gesetz,
das seinen sichtbaren Ausdruck in den Gesetzestafeln findet, für die nach
Jahwes Anweisung eine (Bundes-) Lade geschaffen wird, die von nun an den sakralen
Mittelpunkt bildet und bei der weiteren Wüstenwanderung dem Volk vorangetragen
wird. Nach vierzig Jahren Wüstenwanderung ist die Grenze zum »Gelobten
Land« erreicht und Jahwe zeigt Mose vom Berge Nebo aus das Land Kanaan.
Doch Mose soll den Jordan nicht mehr überschreiten, seine Lebenszeit ist
mit 120 Jahren abgelaufen. Unter Führung des Nachfolgers von Mose wandern
Teile der israelistischen Stämme um 1200 v.Chr. in das weniger dicht besiedelte
Kulturland Palästina (Landnahme) ein, und verbinden sich dort mit anderen,
schon seit 1500 eingewanderten israelitischen Stämmen. Um 1200 schließen
sich die Israeliten gemeinsamer Herkunft und Gottesverehrung zwecks Schutzes eines
zentralen Heiligtums zu einem sakralen Zwölfstämmeverband (Amphiktyonie)
zusammen. In der Zeit zwischen 1200 bis 1000 v. Chr. wachen charismatische Anführer,
die Richter, über Dienst und Recht des Gottes Jahwe. Angesichts
drohender Gefahren durch die wachsende Macht der benachbarten Philister und Ammoniter,
kommt es im 11 Jh. zu einer ersten Staatenbildung und zur Einführung des
Königtums in Israel. Unter König David (um 1006-966) vereinigen sich
Juda und Israel zu einem Großreich und Jerusalem wird zur politischen und
sakralen Hauptstadt. Durch die Überführung der Bundeslade bindet er
die sakralen Traditionen der israelitischen Stämme an Jerusalem (Zion). König
David werden zahlreiche Dichtungen von Psalmen zugeschrieben. Davids Sohn
und Nachfolger Salomo (um 966-926), gilt als Verfasser der biblischen Bücher:
Sprüche, Prediger, Hoheslied und Psalmen. Er baut Jerusalem aus und errichtet
nördlich der »Stadt Davids« einen umfangreichen Palastkomplex
mit einem königlichen Heiligtum (Jahwe-Tempel), dem salomonischen bzw. 1.
Tempel. Unter seiner Herrschaft werden Wissenschaft und Kunst gefördert.
Das Reich bricht nach Salomos Tod auseinander, es entstehen die beiden Kleinstaaten
Juda, mit der Hauptstadt Jerusalem und das Nordreich Israel mit den Hauptstädten
Sichem, dann Thirza (Tirza) und Pniel (Penuel) und später Samaria. Der
Prophet Elia (Elija) tritt als Führer einer Bewegung gegen die Dynastie Omri
auf, als im Nordreich Israel zur Zeit des Königs Ahab (871-852), des Sohnes
und Nachfolgers von Omri, der mit der phönikischen Prinzessin Isebel verheiratet
ist, phönikische Gottheiten in Israel verehrt werden. Unter den Königen
Jehu und Menahem muss Israel in den Jahren 842 und 738 Tribut an die Assyrer entrichten.
Die Propheten Hosea und Amos entrüsten sich über die zunehmende Störung
des sozialen Gleichgewichts und die Ausbeutung der Armen und prophezeien den Untergang
des Reiches. Nach dreijähriger Belagerung wird die Hauptstadt Samaria
722 erobert und zerstört, Israel wird assyrische Provinz und für zahlreiche
Bewohner des Nordreiches Israel beginnt das assyrische Exil in Medien und Mesopotamien.
Die zurückgebliebene Bevölkerung vermischt sich mit fremden Neusiedlern
(»Samariter«). Im Südreich Juda kommt es unter Athalja (Atalja;
845-839) zur Einführung des Baalkultes. Der Prophet Jesaja (berufen 743)
tritt zur Zeit Königs Azarjas (Asarja; 787-736) auf und erteilt auch politische
Ratschläge. Zu einer politischen und kultischen Restauration, der
»deuteronomischen Reform« kommt es, als König Josia im Jahre
621 das alte Gesetzbuch im Tempelgebäude auffindet. Die Ankündigungen
des bevorstehenden Endes durch die Babylonier durch den Propheten Jeremia wird
nicht ernst genommen, bis der Babylonier Nebukadnezar II. im Jahr 598 Jerusalem
belagert. Zwar kann König Jojachin die Stadt vor der Zerstörung
retten, in dem er sich ergibt, doch wird die Oberschicht mit ihm nach Babylon
deportiert. 587 wird Jerusalem nach 1 1/2 Jahren Belagerung erobert und mitsamt
dem Tempel zerstört. Juda wird babylonische Provinz und viele Bewohner des
Südreiches werden ins 50jährige Babylonische Exil deportiert. Es gelingt
ihnen, während dieser Babylonischen Gefangenschaft ihre israelitischen Traditionen
zu bewahren und die Voraussetzungen für eine Religion des Judentums zu schaffen.
In Babylon entstehen große Teile der Bibel (u.a. Priesterschrift). Die Schriften
der Bibel und deren Auslegung durch die Schriftgelehrten haben seit dieser Zeit
zentrale Bedeutung. Für das Selbstverständnis des Judentum werden
Sabbatheiligung und Beschneidungsgebot, Reinheits- und Speisevorschriften wichtig.
Das Bekanntwerden mit dem Zoroastrismus in Persien hat Rückwirkungen auf
jüdisches Denken (Gut und Böse, Gott und Teufel, Weltgericht und Totenauferstehung).
Der Glaube und die Erwartung an das Erscheinen eines Messias ist seit dem 6./5.
Jh. feststellbar. Palästina wird nach dem Sturz des neubabylonischen
Reiches persische Provinz (539-332), und Perserkönig Kyros II. gibt den Juden
538 die Erlaubnis, nach Jerusalem zurückzukehren und den zerstörten
Tempel wieder aufzubauen. Unter dem Führer der Heimkehrer Serubbabel werden
im Jahr 520 die Bauarbeiten am Tempel in Jerusalem wieder aufgenommen, 515 der
2. Tempel vollendet und eingeweiht. Serubbabel wird von den Propheten Haggai und
Sacharja zum Messias ausgerufen. 458 wird der aus jüdisch-priesterlichem
Geschlecht stammende »Schreiber für Religionsangelegenheiten«
Esra (hebr. »Hilfe«), aus der Gruppe der nach Babylonien Deportierten,
vom Perserkönig mit dem Sonderauftrag nach Jerusalem entsandt, das »Gottesgesetz«
für die Jerusalemer Kultgemeinde verbindlich zu machen. Esra kommt mit
einem neuen Gesetzbuch und an der Spitze einer größeren Zahl jüdischer
Rückwanderer nach Jerusalem. Durch die Einführung dieses Priesterkodex
durch Esra ist die Grundlage geschaffen, auf der unter hoherpriesterlicher Führung
sich die neugegründete theokratische Gemeinde entwickelt. Das Verständnis
von der »Erwählung der Wenigen aus den Vielen«, ist durch das
Babylonische Exil bestätigt worden. Esra, der Träger der religös-geistigen
Erneuerung, wird zum Begründer des eigentlichen Judentums. Unterstützung
findet er in Nehemia hebr. »Gott hat getröstet«). Der im jüdischen
Exil in Babylon geborene Jude ist vom Perserkönig beauftragt, als Statthalter
der Provinz Juda die Stadtmauern Jerusalems wiederaufzubauen. Nehemia macht sich
zudem um die Stabilisierung der inneren Ordnung, wie Sabbatruhe, Tempelsteuer,
Mischehenverbot und Schuldenerlass verdient. Das Buch Nehemia erzählt seine
Geschichte. Der Tempel wird 70 n. Chr. von den Römern erneut zerstört.
Um das Jahr 135 n. Chr. werden die Juden aus ihrer Heimat vertrieben und über
die ganze Welt zerstreut. Dies wird die Diaspora (griech. »Zerstreuung«)
genannt. Israel sieht in seiner Geschichte immer wieder die Führung durch
seinen Gott als das Primäre seiner Existenz. Jahwe wird aufs engste mit der
Geschichte Israels verbunden. Er ist der Befreier aus Knechtschaft und eigentliche
Führer durch die Wüste, der sich auf dem Sinai offenbart. Die
Überlieferungen der Vorgeschichte sind Zeugnisse des völkischen Selbstbewusstseins,
die vom Standpunkt des gesamten Zwölfstämmeverbandes aus geformt, aber
ursprünglich die Erfahrungen nur einzelner, verschiedener Stammesteile sind.
Die bedeutendste dieser Überlieferungen ist die Herausführung einer
Stammesgruppe aus Ägypten, die Exodus-Traditionen (Ex 1-15), die das Urbekenntnis
Israels bilden. Diese haben fundamentale Bedeutung für Israels Erwählungsglauben.
Die Sinai-Traditionen (Ex 19-34), die von der Gottesbegegnung einer Stammesgruppe
am Gottes-Berg in der Wüste und dem Bundesschluss zwischen Jahwe und Israel
erzählen, werden zur Legende eines regelmäßig gefeierten Festes
der Bundeserneuerung für den Stammesverband. Die Erzväter-Tradition
(Gen 12-50), in deren Mittelpunkt die Verheißung von Landbesitz und zahlreicher
Nachkommenschaft für die Offenbarungsempfänger und Kultstifter einzelner
Stammesgruppen stehen, dient ebenfalls der Unterstreichung des Erwählungsglaubens.
Das von den Vorfahren Überlieferte gilt nach der Landnahme der sesshaft gewordenen
Halbnomaden nicht mehr als Sondergeschichte einzelner Stammesteile, sondern entweder
als gemeinsame Erfahrung des ganzen auserwählten Volkes Israel unter Führung
einzelner Helden (Mose, Josua) oder als Geschichte der Ahnherren (Abraham, Isaak,
Jakob), die im Schicksal der Nachgeborenen fortwirkt.
J H W H Der Name des ursprünglich als
Naturgott nichtisraelitischer Stämme (u.a. der Keniter) verehrten Gottes
wird als Tetragramm (griech. »vier Zeichen«) mit den vier hebräischen
Konsonanten J H W H geschrieben. In der Zeit Mose vollzieht sich seine Wandlung
zum Gott der Geschichte Israels. Der Gottesname Elohim, ein Plural vom
seltener gebrauchten El (»Gott«), ist eine allgemeine Gottesbezeichnung
der Semiten. In Verbindung mit El wird öfter die Bezeichnung Schaddaj (»der
Allmächtige«) als El Schaddaj (Gen 28,3) gebraucht. Ein häufiger
Beiname Jahwes ist Zebaoth (hebr. »Heerscharen«).
Die Tora Das religiöse Schrifttum der
Juden umfasst einen Zeitraum von 3 Jahrtausenden mit 3 Hauptepochen und Haupttypen:
Zur biblischen Literatur (ca. 1000 v. - 100n.Chr.) gehören die Bibel und
die Apokryphen. Die hebräische Bibel (griech.
»Bücher«; hebr. Tenach), die die Christen (gemäß 2
Kor 3,14) als Altes Testament (= Alter Bund) bezeichnen, ist in die drei Teile
Tora, Nebiim und Ketubim gegliedert, und umfasst insgesamt 24 Bücher, die
seit 90 n. Chr. den biblischen Kanon (griech. »Norm«) bilden und im
Gegensatz zu den Apokryphen und Pseudepigraphen
als verbindlich anerkannt sind. Die Tora (hebr.»Weisung«;
griech. Pentateuch = »fünfteiliges Buch«) umfasst die fünf
Bücher Mose: Bereschit ( Genesis), Schemot (Exodus), Wajikra (Levitikus),
Bemidbar (Numeri) und Dewarim (Deuteronomium). Zu den Nebiim (Propheten) zählen
die »ersten Propheten« (nebiim rischonim) mit Josua, Schofetim (Richter),
Samuel I und II, Melachim (Könige) I und II sowie die »letzten Propheten«
(nebiim acharonim) mit Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Tre Assar. Die Ketubim
(hebr. Griech. Haiographen = »heilige Schriften«) bilden die 3. und
letzte Abteilung der Bibel. Sie umfassen die Tehillim (Psalmen) - eines der größten
Poesiebücher der Menschheit -, Mischle (Sprüche), Hiob, Schir ha Schirim
(Hoheslied), Ruth, Echa (Klagelieder), Kohelet, Esther, Daniel, Esra-Nehemia und
Diwre ha-Jamim (Chronik) I und II. Die fünf Bücher von Hoheslied
bis Esther heißen zusammen Megillot (hebr. »Rollen«). Diese
Schrift ist die einzige, die neben der Tora in Form einer Rolle niedergeschrieben
wurde. Der Name ist dann auf die vier anderen Bücher übertragen worden,
die an den Hauptfeiertagen (Pesach, Wochenfest, Gedenktag der Zerstörung
Jerusalems [9.Aw], Laubhüttenfest und Purim) im Gottesdienst verlesen werden.
Septuaginta (lat. »siebzig«) ist die Bezeichnung der Bibelübersetzung
in das vom alexandrinischen Judentum gesprochene Griechische. Diese Übersetzung
hat das Christentum übernommen und als Altes Testament mit dem griechischen
Neuen Testament zur christlichen Bibel vereinigt. In der Verbindung mit dem
Neuen Testament der Christen ist die hebräische Bibel das meistverbreitete
Buch der Welt. Talmud-Midrasch-Literatur Im Gegensatz zur »schriftlichen
Lehre« (tora schebi-chtaw) steht die »mündliche Lehre«
(tora schebeal-pe), die als »nachbiblische« Lehre des Gesetzes in
Mischna und Talmud aufgeschrieben ist. Nach der Bibel ist der Talmud (hebr.
lamad = »Lernen, Lehre, Belehrung«) das Hauptwerk der jüdischen
Literatur. In der umfangreichen Sammlung jüdischen Traditionsgutes vom 1.
Jh. v. Chr. bis zum 5. Jh. n. Chr. kommen auf ca. 5900 Folioseiten mit 2,5 Millionen
Wörtern ca. 2500 Autoren mit selbst entgegengesetzten Ansichten zu Wort.
Der Talmud besteht aus zwei Sammlungen. Die ältere Mischna (hebr. »Wiederholung,
wiederholt Gelerntes«), bildet den Kern der »mündlichen Lehre«,
überlieferter Gesetzeslehre und Gesetzesauslegung und den Grundstock des
Talmuds. Sie umfasst 6 sedarim (hebr. »Ordnungen«): seraim (»Saaten«)
mit Satzungen für den Landbau, moed (»Feste«) mit Geboten für
die Feiertage, naschim (»Frauen«) mit Ehegesetzen, nasikim (»Schäden«)
mit Zivil - und Kriminalrecht, kodaschim (»heilige Dinge«) mit Speisegesetzen
und Kultvorschriften, teharot (»Reinheit«) mit Reinheitsgesetzen.
Die Mischna-Lehrer, die Tannaiten, umfassen 5 bzw. 6 Generationen mit
insgesamt 150 Autoritäten. Die Mischna wird mit dem Kommentar des Maimonides
zunächst 1492 in Neapel bei Soncino gedruckt. Die Gemara (hebr. »Erlerntes,
Vollendetes«) sind diejenigen Stücke des Talmudes, die sich an die
Mischna anschließen und diese erläutern. Es gibt eine zweifache Gemara,
eine ältere und kürzere, in Palästina redigierte, und eine jüngere,
umfassendere, die aus Babylonien stammt. Je nachdem, ob zum Mischna die babylonische
oder palästinensische Gemara hinzugefügt wurde, spricht man von einem
babylonischen oder palästinensischen bzw. jerusalemischen Talmud.
Man unterscheidet zwei Gattungen des talmudischen Stoffes, die gesetzlichen Teile,
die Halacha, und die mehr erzählenden Teile, die Haggada. Die »mündliche
Lehre« wird von den Anti-Talmudisten zurückgewiesen. »Christenfeindliche«
Äußerungen im Talmud riefen im Laufe der Geschichte scharfe Reaktionen
der christlichen Kirche hervor, die von Talmud-Disputationen, -Konfiskationen,
kirchlicher Zensur der Talmud-Handschriften und Talmud-Drucke, bis zu Talmud-Verbrennungen
führten. Nicht weniger als sechs mal wurden in der 2. Hälfte des
16. Jh. für den Talmud die Scheiterhaufen errichtet. Zur rabbinischen
Literatur (bis 1800 n. Chr.) gehören u.a. die Schriften der Kabbala (hebr.»empfangen«
[durch Überlieferung]) und der Chassidim (hebr. chassidim = »die Frommen«).
Kabbala bzw. Kabbalismus ist eine zusammenfassende Bezeichnung für verschiedene
mystische Richtungen. Die seit dem 13. Jh. übliche Bezeichnung soll ausdrücken,
dass - ebenso wie die Tora - auch die Mystik ein Teil der Tradition und damit
göttlichen Ursprungs ist. Ziele der Kabbalisten sind die Erkenntnis des letzten
Geheimnisses, das mystische Einssein mit Gott und der irdische Messianismus.
Der Chassidismus ist die jüngste der religiös-mystischen Bewegungen.
Der als Gegenbewegung gegen die Nüchternheit entstandene und in der Kabbala
wurzelnde Chassidismus strebt nach einer Vertiefung der »Frömmigkeit«.
Ein Charakteristikum des chassidischen Lebens ist die Freude, und alles was Freude
schaffen kann, erhält daher religiösen Wert.
Die Zehn Gebote Die Grundlage des jüdischen
Glaubens und des Bundes zwischen Gott und dem jüdischen Volk sind
Die Zehn Gebote: Ich bin der Ewige, dein Gott. 1. Du sollst keinen
anderen Göttern dienen. 2. Du sollst Dir kein Abbild machen. 3. Du
sollst den Namen deines Gottes nicht unnütz gebrauchen. 4. Du sollst
den Sabbat halten und heiligen. 5. Du sollst Vater und Mutter ehren. 6.
Du sollst nicht töten. 7. Du sollst die Ehe nicht brechen. 8. Du
sollst nicht stehlen. 9. Du sollst nicht lügen. 10. Du sollst nicht
begehren, was deinem Nächsten gehört. Die Zehn Gebote gehören
auch zum christlichen Glauben.
Glauben Die Juden verehren einen einzigen
Gott, der die Welt erschuf, allgegenwärtig ist und ihren Gebeten zuhört.
Sie glauben, dass seit Abrahams Zeiten ein besonderes Verhältnis zwischen
Gott und den Juden besteht: Wenn Abraham und sein Volk Gott dienen, werden ihre
Nachfahren Gottes auserwähltes Volk sein, und im »Gelobten Land«
Kanaan, dem heutigen Israel leben. Die Juden glauben auch, dass eines Tages
der Messias erscheint, ein von Gott gesandter Führer, der der Welt Frieden
bringt und den Tempel wiederaufbaut. Im täglichen Leben bemühen
sich die Juden um Liebe und Respekt für andere Menschen. Ein Grundgebot
des Judentums ist die Beschneidung (hebr. mila). Sie wird am 8. Tag nach der Geburt
eines Jungen vorgenommen, ist Symbol und Ritus der Aufnahme in den von Gott mit
Abraham geschlossenen Bund (Gen 17,10 ff.) und mit der Namensgebung verbunden.
Ein Nichtjude, der zum Judentum durch die Annahme des mosaischen Gesetzes,
insbesondere durch die Beschneidung übertritt, wird Proselyt (griech. »Hinzugekommener«)
genannt. Mit 13 gelten die Jungen als reif genug, religiöse Verantwortung
zu übernehmen. Bei einer Feier in der Synagoge, wo im Toraschrein die heiligen
Schriftrollen aufbewahrt werden, wird der Junge Bar-Mizwa (hebr. »Sohn des
Gebotes«). Er liest aus der Tora vor und fungiert als Vorbeter der Gemeinde.
Reformgemeinden haben für Mädchen mit 12 Jahren eine ähnliche Feier,
Bat-Mizwa genannt (hebr. »Tochter des Gebotes«). Die Eheschließung
gilt als göttliches Gebot. Die kidduschin (Heiligung) erfolgt unter der chuppa
(hebr. »Trauhimmel«), einem auf vier Stangen ruhenden Tragzelt und
geschieht durch Überreichen des Trauringes, wobei der Bräutigam der
Braut den Ring ansteckt. Der jüdische Festkalender kennt »freudige
Feste« und »freudige Gedenktage« und »ernste Feste«
und »traurige Gedenktage«. Zu den »freudigen Festen«
gehören die drei Wallfahrtsfeste Pesach, Schawuot und Sukkot, die an die
drei wichtigsten Stationen der Volkwerdung Israels anknüpfen, Befreiung aus
ägyptischer Knechtschaft, Berufung zum heiligen Volk am Sinai und Wüstenwanderung
unter Gottes Führung. Zu den »ernsten Festen« zählen
als hohe Feiertage das Neujahrsfest, Rosch ha-Schana, und das Versöhnungsfest,
Jom Kippur; sie sind durch die Zehn Tage der Umkehr miteinander verbunden.
Als »freudige Gedenktage« werden Chanukka (Fest der Tempelweihe) und
Purim (Fest zur Erinnerung an die Errettung der Juden aus der Hand Hamans) begangen.
5 »traurige Gedenktage«, 3. Tischri, 10. Tebet, 13. Adar, 17. Tammuz
und 9. Ab, sind zugleich mit Fasten verbunden. Sie erinnern vor allem an die erste
Tempelzerstörung (587 v. Chr.) und an die zweite (70 n. Chr.). Zu bestimmten
Gebetszeiten, morgens, mittags und abends, wird im Haus und in der Synagoge gebetet,
ebenso vor und nach den Mahlzeiten, bei Geburt, Beschneidung, Hochzeit, Krankheit,
Tod und auf Reisen. Das Baraka, auch Beracha (hebr. »Segen, Lobpreisung«)
ist eine Segensform für verschiedene Anlässe und Grundform des Gebets:
Gepriesen seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt. Eine andere
Form des Gebets ist das Sch(e)ma (hebr.»Höre[Israel]«), ein nach
seinem Anfangswort benanntes Bekenntnis zu Gottes Einzigkeit: Höre
Israel, ER ist unser Gott, ER ist EINER... So liebe denn IHN,
deinen Gott, mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele, mit all
deiner Macht. Jeder erwachsene männliche Jude ist verpflichtet,
dieses Gebet täglich morgens und abends zu rezitieren. Vielfach erfordert
das Gebet eine besondere Kleidung, z.B. die Bedeckung des Hauptes der Männer,
und beim Morgengebet das Tragen des tallit (hebr. »Gebetsmantel«).
Beim Gemeindegebet ist der Vorbeter immer damit bekleidet. Der tallit ist
ein rechteckiges, meist weißes Umschlagtuch aus Wolle oder Seide, mit Quasten
an den vier Ecken zum Umschlagen. Beim werktäglichen Morgengebet legt
jeder männliche gesetzestreue Jude über 13 Jahren die tefillin (hebr.
»Gebetsriemen«) an. Die mit Lederriemen teils am linken Oberarm gegenüber
dem Herzen und teils mitten auf der Stirn befestigten würfelförmigen
schwarzen Lederkapseln enthalten (unter Bezug auf Ex 13,9/16 und Dtn 6,8 und 11,18
4) Tora-Texte (Ex 13,1-10, 11-16; Dtn 6,4-9 und 11,13-21), die auf Pergamentröllchen
geschrieben sind. Die Gebetsriemen sollen Denkzeichen an die Beachtung der Gebote
Gottes sein.
Koscher Koscher (jiddisch aus hebr. kaschejr
- »rein«) ist das nach dem Zeremonialgesetz für den Gebrauch
Erlaubte, insbesondere die »einwandfreien« Speisen. »Milchiges«
und »Fleischiges« darf nach den Speisegesetzen weder zusammen gegessen
noch mit den gleichen Gerätschaften zubereitet werden. Daher wird in einem
Haushalt orthodoxer Juden für beide Speisearten je ein gesondertes Geschirr
(Töpfe, Teller, Tassen, Besteck) verwendet. Beim Wechsel von Fleischgerichten
zu Milchprodukten ist ein zeitlicher Zwischenraum von mindestens 5 Stunden und
in umgekehrter Reihenfolge von 2 Stunden vorgeschrieben. Der Genuss von Schweinefleisch,
Schalentieren und Tieren, die nicht rituell geschlachtet (ausgeblutet) wurden,
ist verboten. Das Blut gilt den Juden als Träger des Lebens. Ein
Kernstück der Gesetzesethik ist das Sabbatgebot. Der Sabbat (hebr. schabbat
= »Ruhe«), der 7. Tag der Woche, ist ein Tag der Heiligung und Ruhe
und Höhepunkt der jüdischen Woche. Am Sabbat darf nicht gearbeitet
werden, der Tag soll daran erinnern, dass Gott am siebten Schöpfungstag ruhte.
Viele Juden gehen an diesem Tag in die Synagoge. Die Sabbatfeier beginnt am
Freitag bei Sonnenuntergang, 45 Minuten vor dem Einsetzen der Nacht, mit dem »Empfang
des Sabbats«. Die Hausfrau entzündet die Kerzen und spricht den Segensspruch
über sie. Der Hausherr weiht den Sabbat durch den Segensspruch (kiddusch)
über Wein und Brot. Am Sabbat werden drei Mahlzeiten eingenommen,
die reichhaltiger als an Werktagen sind und bereits am Freitag gekocht werden.
Der Unterscheidungssegen (hawdala) wird zum Sabbatausgang am Samstagabend gesprochen.
Die mit dem Ausgehverbot am Sabbat (Ex 16,29) noch zu vereinbarende Wegstrecke,
die nach der Mischna 2000 Ellen (ca. 1 km) betragen darf, heißt Sabbatweg.
Eine Entweihung des Sabbats gilt als Todsünde (Num 15;32ff). Jüdischer
Glaube konkretisiert sich in der Erfüllung des Gesetzes. Die Reinheitsgesetze
treffen die Unterscheidung zwischen rein und unrein. Unter anderem ist eine
Händewaschung (hebr. netilat jadjim) vor dem Morgengebet und vor und nach
der Mahlzeit vorgeschrieben. Die Unreinen werden durch kultische Waschungen
wieder rein. Das Kultbad der Gemeinde ermöglicht die Erfüllung der Reinheitsgesetze.
Die mikwe (hebr. »Wassersammlung, Bassin«), ist ein rituelles Tauchbad,
das mindestens 800 Liter »lebendes« (=quellendes) Flusswasser oder
gesammeltes Regenwasser enthält. Dieses Kultbad ist für Frauen vor der
Hochzeit, nach der Geburt oder der Menstruation vorgeschrieben (Lev 15,5; Num
19,19; Dtn 23,12). Quelle: Professor
Gerhard J. Bellinger Knaurs Großer Religionsführer
L I N K S Auschwitz http://www.wsg-hist.uni-linz.ac.at/Auschwitz/HTMLd/Home.html
Endstation Vernichtung Dachau http://www.kz-gedenkstaette-dachau.de
Das erste KZ internett http://www.juden.de
Links zu jüdischen Museen und Gedenkstätten, koscher Kochen u.v.a.m.
Synagoge Wiesbaden http://www.memo38.de
Geschichte und virtuelle Rekonstruktion
| Christentum
Christen sind Anhänger von Jesus Christus, einem Prediger und Lehrer,
der, wie geschrieben steht, vor 2000 Jahren in Palästina lebte.
Jesus wurde als Jude geboren. Christentum
Das Leben Jesu Die
Bibel Christliche Konfessionen Glauben
Schuld und Sünde Das Gebet
Gott Vatikan Christentum
Das Christentum wird auf Jesus (ca. 7/4 v. Chr. - 30 n. Chr.) aus Nazaret
(Palästina; heute Israel) zurück geführt und nach dessen Ehrentitel
Christus (griech. der »Gesalbte [Gottes]«) genannt. Die Anhänger
werden in ihrer Gesamtheit als Christen bezeichnet. Gemäß seiner
Herkunft gehört das aus dem Judentum hervorgegangene Christentum zu den vorderasiatischen
Religionen. Das Christentum ist gegenwärtig die nach Anhängerschaft
und geographischer Verbreitung größte Religionsgemeinschaft.
Das Leben Jesu Die christlichen Quellen, die
über Jesu Leben und Wirken berichten, sind aus der Glaubensüberzeugung
abgefasst, dass Jesus der verheißene Christus ist. In erster Linie sind
die Paulusbriefe (ab 50/51) und die kanonischen Evangelien (70-100) Glaubenszeugnisse.
In ihnen sind Geschichte und glaubensmäßige Deutung, Legende und Leben
miteinander verwoben. Jesus, die zentrale Gestalt des Christentums, entstammt
über seinen (»Adoptiv«!) Vater einer zu den Nachkommen des Königs
David zählenden jüdischen Familie. Er wächst als Sohn des Zimmermanns
Joseph und seiner Mutter Maria in Nazaret auf. Von einem himmlischen Boten
wird seiner Mutter das bevorstehende Ereignis seiner übernatürlichen
Empfängnis, die das göttliche Pneuma bewirkt, angekündigt: Der
Engel Gabriel wird von Gott in die galiläische Stadt Nazaret gesandt. Maria,
die mit Joseph verlobt ist, erfährt von dem Engel, dass der Heilige Geist
über sie kommen und sie einen Sohn gebären wird. Sie soll den Sohn Jesus
nennen, da dieser als Sohn Gottes die Menschheit erlösen wird. In der
Weihnachtsgeschichte (Lk 2,1-19) wird die Geburt Jesu erzählt, die sich wegen
der auf Jesus bezogenen Weissagung (Mi 5,1) in Betlehem, der Stadt Davids ereignen
soll. Wegen einer angesetzten Volkszählung ziehen Vater Joseph und die
hochschwangere Maria nach Betlehem in Judäa. Maria kommt in einem Stall nieder.
»Sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte
ihn in eine Krippe, da sie in der Herberge keinen Platz fanden« (Lk 2,7).
Hirten, die in der selben Gegend bei ihren Herden Nachtwache halten, wird von
himmlischen Boten das freudige Ereignis verkündet, dass jetzt der Heiland,
der Messias, geboren ist. Der fromme Greis Simeon begrüßt und preist
das Kind als Heil aller Völker, als die Eltern ihren Sohn nach jüdischer
Sitte im Tempel von Jerusalem vorstellen. Durch geheimnisvolle Sternzeichen
auf das Geschehnis aufmerksam gemacht, kommen aus dem Orient Magier über
Jerusalem nach Betlehem. Unter Wegweisung eines Sterns finden sie den Stall, um
dem Kind Jesu, dem neugeborenen König der Juden zu huldigen und ihre Geschenke
darzubringen. König Herodes, der in jenen Tagen in Jerusalem regiert,
hat von Magiern einen Hinweis auf die Geburt eines neuen Königs der Juden
erhalten. Da er in dem neugeborenen Kind einen Konkurrenten für seinen
Thron sieht, lässt er in Betlehem alle Kinder bis zu zwei Jahren töten.
Vorübergehend flieht Joseph, der von einem Engel rechtzeitig gewarnt wird,
mit Maria und dem Säugling nach Ägypten, um nach Herodes Tod nach Nazaret
(Galiläa) zurückzukehren. Johannes den Täufer und Jesus von
Nazaret verbinden nicht nur verwandtschaftliche Bande. Im Lukasevangelium wird
Jesu Kindheitsgeschichte mit der des Johannes in sich überbietender Parallelität
erzählt: Verheißung der Geburt bei beiden, Begegnung der Mütter
Elisabeth und Maria, Geburt und Beschneidung beider Knaben. Darüber hinaus
stehen sie beide initiativ am Anfang messianischer Bewegungen. In die Jahre
27-29 fällt die messianische Taufbewegung, mit der das Auftreten Johannes'
des Täufers verbunden ist. Anfänglich steht Johannes mit der Gruppe
in der Wüste von Qumran am Toten Meer (Judentum) in Beziehung. Auch diese
Gruppe ist eine messianische Bewegung, die neben dem königlichen auch einen
priesterlichen Messias erwartet. In der Wüste hört Johannes das
Wort Gottes. Er fordert angesichts des bevorstehenden Gerichts Gottes zur Taufe
in Form des Tauchbades im Jordan auf. Die Menschen, die aus der Stadt Jerusalem
und der Umgebung zu Johannes an den Jordanfluss hinausziehen, um sich taufen zu
lassen, indem sie ihre Sünden bekennen, fragen ihn, was sie tun sollen.
Unter anderem rät er ihnen: »Wer zwei Röcke hat, teile mit dem,
der keinen hat und ebenso der, der Speisen hat.« Auch Jesus von Nazaret
schließt sich dem Johannes an und lässt sich von ihm taufen. Jesus
erlebt bei diesem Taufgeschehen in Vision und Audition seine Berufung, die Geisterfüllung
und Gottes Bekenntnis zu ihm als seinem Sohn. Als er aus dem Wasser empor
steigt, sieht er im selben Augenblick den Himmel sich spalten und den Geist wie
eine Taube auf sich herabschweben. Und eine Stimme erscholl aus den Himmeln: »Du
bist mein geliebter Sohn« (Psalm 2,7), »an dir habe ich mein Wohlgefallen
gefunden« (Jes 42,1). die Einzigartigkeit Jesu Sohnschaft wird durch das
hinzugefügte Adjektiv »geliebter« unterstrichen. Jesu Sohnschaft
verdeutlichen auch Markus (1,11) und Lukas (3,22) mit der in jener Zeit üblichen
Adoptionsformel. Mit den Worten: »Mein Sohn bis Du« ruft Gott jeweils
den neugewählten König Israels in sein Amt (Psalm 2,7). Die Taufe Jesu
kann ähnlich wie die Thronbesteigung des israelitischen Königs als Einsetzung
Jesu in das eschatologische Amt des Sohnes Gottes verstanden werden. Der im
Urchristentum verständliche messianische Würdenname »Sohn Gottes«
wird später im ausserjüdischen Bereich nicht mehr in seinem ursprünglichen
Sinn verstanden. Es wird durch die in der hellenistischen Welt üblichen Vorstellungen
eine Gottessohnschaft interpretiert. Es gibt Parallelen zwischen dem Berufungserlebnis
Jesu und dem früherer Propheten (Jes 63,19; Ez 1,1; Jes 11,2; 63,11; 63,14;
Ez 1,4), wo gleichfalls Himmelsöffnungen, Gottesstimme und Kommen des Geistes
Zeichen der Endzeit sind. Im Anschluss an die Taufe verlässt Jesus den
Johannes und zieht sich dorthin zurück, woher der Täufer gekommen war:
in die Wüste. 40 Tage und Nächte lang hat Jesus gefastet, als der
Versucher an ihn herantritt. Er lässt die drei Möglichkeiten, Menschen
durch Brot, Wunder und Besitz zu gewinnen, unter zweimaligem Hinweis darauf: »Wenn
du Gottes Sohn bist...«, vor Jesu Seele treten, doch der Sohn Gottes weist
ihn ab. Jesus sieht die Verhaftung Johannes des Täufers - er ist nun
etwa 30 Jahre alt - offenbar als Zeichen an. Er tritt nun selbst mit seiner prophetischen
Sendung in Galiläa an die Öffentlichkeit. Er sammelt JüngerInnen
um sich, legt in den Synagogen die heiligen Schrifttexte aus und diskutiert über
den Geltungsbereich des Gesetzes. Begleitet von seinen Anhängern zieht er
durch Galiläa, insbesondere wirkt er in Kapernaum (Kafarnaum) und in der
Gegend um den See Gennesaret (Genezareth). Er lehrt, predigt und verkündigt
die frohe Botschaft (griech. euangelion) vom anbrechenden Gottesreich. Sie ist
an alle gerichtet: Juden und Nichtjuden (Heiden), an Kinder und Erwachsene, Männer
und Frauen, Gerechte und Ungerechte und auch an die Verachteten und Verfolgten,
die Jesus »selig« preist. Das von ihm angekündigte Heil ist
nicht menschliches Verdienst, sondern ein Geschenk Gottes. Jesus zeigt durch seine
eigene Person die Kräfte des Reiches Gottes, das mit ihm angebrochen ist.
Seine Gleichniserzählungen veranschaulichen, was Gottesherrschaft für
die Menschen bedeutet und von ihnen fordert. Das richtige Verhalten der Menschen
auf die gnadenhafte Zuwendung Gottes ist ein Leben und Handeln im Sinn der Gottesherrschaft.
Seinen klassischen Ausdruck fand der Appell zum initiativen Handeln in der Goldenen
Regel (Mt 7,12): Alles was ich von den Menschen an Gutem erwarte, das sollt
ihr ihnen tun. Gottesliebe und Nächstenliebe sind unlösbar miteinander
verbunden (Mt 12,29-31). JedeR, der Hilfe braucht ist in die Nächstenliebe
eingeschlossen, selbst die Feinde (Lk 6,27f.). Die Spruchsammlung, die als
Bergpredigt bezeichnet wird, ist gleichsam das Resümee der Lehre Jesu.
Jesu Wunder unterstreichen das Lehren und Predigen vom Anbruch des Reiches Gottes.
Auf die Wirksamkeit der göttlichen Kräfte deuten die im Neuen Testament
gebrauchten griechischen Worte für diese Taten (dynameis = »Krafttaten«,
semeia = »Zeichen«) hin. Für Jesus selbst kommen diese geheimnisvollen
Heilkräfte als Zeichen des anbrechenden Gottesreiches. Sie lösen die
eschatologisch-messianische Bewegung um Jesus aus. Der Gesalbte wirkt etwa zwei
Jahre. Sein Tun findet bei seinen Anhängern Zustimmung, nicht jedoch
bei seinen Angehörigen und Gegnern (Mk 3,21, 3,22). Des Menschensohnes souveräne
Haltung gegenüber bestimmten Vorschriften des Gesetztes provoziert die Machthaber.
Missfallen erregen insbesondere seine Einstellung gegenüber dem Sabbatgebot,
den Reinheitsvorschriften und sein freier Umgang mit Leuten, die in den Augen
seiner Kritiker notorische Sünder sind. Jesu prinzipiell andersgeartete Grundhaltung
führt schließlich zu seiner Verurteilung, da er den Römern als
politischer Messiasprätendent verdächtig ist. Jesu frühe Überzeugung,
der Sohn Gottes, des himmlischen Vaters zu sein, schildert Lukas in der Erzählung
vom zwölfjährigen Jesus im Tempel. Die Eltern verstehen die rhetorische
Frage des Jungen nicht, der fragt: »Wusstet ihr nicht, dass ich im Eigentum
meines Vaters sein muss?« (LK 2,41-52). Das Erlebnis, dass Gott sein Vater
und der Vater aller Menschen ist, prägt Jesus stark. Das letzte gemeinsame
Mahl mit seinen Jüngern am Abend vor seinem Tod (Abendmahl) ist von Ereignissen
überschattet, von denen die Evangelien im wesentlichen übereinstimmend
berichten: Gefangennahme in Gethsemane (Gesemani), Verhör vor dem jüdischen
Synedrium, Geißelung, Dornenkrönung, Verurteilung zum Kreuzestod durch
den Römer Pilatus, Kreuzweg, Kreuzigung, Tod und Begräbnis. In der
Antike ist die Kreuzigung die übliche Todesstrafe für Schwerverbrecher,
Kriegsverbrecher und Aufständische. Nach römischer Art wird Jesus als
politischer Aufrührer gekreuzigt. Am übernächsten Tag entdecken
seine Jünger, dass sein Grab leer ist. Bevor er schließlich zum Himmel
auffährt, erscheint ihnen Jesus während der nächsten vierzig Tage
mehrfach. Die Jünger Jesu und auch seine späteren Anhänger
sind der festen Überzeugung, dass Gott den Messias nicht im Grab gelassen
sondern vom Tod auferweckt hat (1 Kor 15,3-8;Mt 28;Lk 24; Joh 20 f.). Von Gott
wird der am Kreuz Erniedrigte erhöht. Dies wird in der Geschichte von der
Himmelfahrt Christi (Lk 24,51 und Apg 1,9) erzählt. Der Name Jesus ,
die griechisch-lateinische Form des hebräischen Je(ho)schua, die »Jahwe
ist Rettung« bedeutet, ist ein im Judentum gebräuchlicher Personenname.
Die Bezeichnung Christus, die griechische Übersetzung des aramäischen
meschiha ist ein ursprünglich nur als Hoheitstitel verwandter Begriff und
bedeutet »der Gesalbte«. Schon sehr bald wird Jesus Christus nur
noch als Doppelnamen verstanden und gebraucht. Jesus Christus ist die älteste
und zugleich kürzeste Form des christlichen Bekenntnisses: Der Jesus von
Nazaret ist der Messias, der verheißene Christus. Der Sohn Gottes trägt
außer Messias (Christus) noch verschiedene andere Hoheitstitel wie Rabbi,
Erlöser, Prophet, Sohn Davids, Heiland, Menschensohn, Logos.
Die Bibel Das Wort Bibel (griech. biblia
= »Bücher«) bezeichnet sowohl im Juden- wie auch im Christentum
das »Buch der Bücher«, die »Heilige Schrift«, die
als Wort Gottes für Glauben, Handeln und Leben verbindlich ist. Die griechische
Bezeichnung ta biblia (die Bücher) wurde im Mittelalter irrtümlicherweise
als weiblich/Einzahl aufgefasst. Die Bibel ist eigentlich nicht ein Buch, sondern
eine Bibliothek, eine Sammlung von Schriften. Der erste Teil wird von den
Christen als das Alte Testament (lat. testamentum = »Bund«) bezeichnet,
entstand aus dem Bekenntnis zu Jahwe als dem Retter aus der ägyptischen Sklaverei
und enthält die überlieferten jüdischen Schriften. Der zweite Teil,
das Neue Testament, wurde nach Jesu Tod von Christen geschrieben. Das Neue
Testament enthält vier Berichte über die Lehren und das Leben Jesu,
die als Evangelien bezeichnet werden. Es verzeichnet gleichfalls die Taten der
Jünger Jesu, ihre Briefe, Schriften mit mehr geschichtlichem Inhalt, sowie
eine prophetische Schrift (Apokalypse). Das Evangelium ist die schriftliche
Überlieferung der Heilsbotschaft Jesu, seines Lebens und Wirkens, seines
Umgangs mit Jüngern und Gegnern und der Erniedrigung und Erhöhung seiner
Person. Die Bibel ist die Grundlage der christlichen Lehre. Sie verkündet
den Willen Gottes und auch, auf welche Weise Christen ihr Leben führen sollen.
Bibelübersetzungen gibt es in ca. 1100 Sprachen und Dialekten. Die bedeutendste
und zugleich älteste ist die Septuaginta (Judentum).
Christliche Konfessionen Im Gauben an
den gekreuzigten und auferstandenen Christus schließen sich die JüngerInnen
Jesu nach seiner Himmelfahrt in einem Jüngerkreis zu Gebet und Mahlfeier
zusammen. Bald kommen der Brauch der Taufspendung und die Erfahrung des Gottesgeistes
(Pfingstereignis: Apg 2) dazu. Es bildet sich eine christliche Urgemeinde, die
sich mit ihren 12 Aposteln vom Judentum abgrenzt, sich als das neue Gottesvolk
der Endzeit versteht und die Wiederkunft des Herrn Jesus Christus erwartet.
Das Urchristentum bzw. die Urkirche beginnt, als zur Zeit des großen jüdischen
Aufstandes gegen die Römer (66-70) die christliche Urgemeinde aus Jerusalem
ins Ostjordanland auswandert, und dauert bis zum Aussterben der Apostelschüler
(ca. 150 n.Chr.). Diese apostolische und nachapostolische Zeit wird in späteren
Jahrhunderten oft als eine ideale und normative Zeit für das Christentum
insgesamt angesehen. Heute sind die Anhänger des Christentums in zahlreichen
unterschiedlichen Organisationsformen zusammengeschlossen. Gemeinsame Glaubensgrundsätze
gelten für die meisten Christen, doch gibt es viele verschiedene Arten, diese
auszudrücken. Die Christenheit unterteilt sich in drei Hauptrichtungen:
orthodox, katholisch und protestantisch. Das urchristliche Erbe der Jünger
Jesu zu bewahren, beansprucht die orthodoxe Kirche für sich. Der katholischen
Kirche, an deren Spitze der Papst in Rom steht, gehören über die Hälfte
der Christen an. Die ersten protestantische Kirchen wurden gegründet,
als sich im 16. Jahrhundert viele von der römisch-katholischen Kirche abwandten.
Glauben Christen glauben, dass Jesus der
Christus (hebr. Messias, "Gesalbter des Herrn") und der Sohn Gottes
war, obwohl er als Mensch lebte. Jesus erlöste durch den Opfertod am
Kreuz und seine Auferstehung die Menschheit von der Sünde. Christen glauben
an einen einzigen Gott. Dennoch beziehen sie sich auf drei Personen: Vater (Schöpfer
aller Dinge), Sohn (Jesus) und Heiliger Geist (Gottes Gegenwart in der Welt).
Dies wird die Heilige Dreieinigkeit genannt. Die für Christen verbindlichen
Glaubensinhalte sind in einem kirchlichen Bekenntnis formuliert. Das aus einem
römischen Taufbekenntnis hervorgegangene, den christlichen Kirchen westlicher
Tradition gemeinsame Apostolische Glaubensbekenntnis, auch Apostolikum bzw. Symbolum
Apostolicum genannt, bezeugt den Glauben der Apostel. Seit dem Jahre 1971
ist ein, bis auf den 3. Teil: »die heilige...Kirche«, einheitlicher
Text für den deutschen Sprachraum durch die römisch-katholische, altkatholische
und evangelischen Kirchen in Deutschland eingeführt: ICH GLAUBE
AN GOTT, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels
und der Erde, UND AN JESUS CHRISTUS, seinen eingeborenen Sohn, unserer
Herrn empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen
in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren
in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. ICH GLAUBE
AN DEN HEILIGEN GEIST, die heilige katholische/ christliche/ allgemeine
christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Schuld und Sünde Der im Buch Genesis (3,1-24)
erzählte Sündenfall hat weitreichende Folgen für die ganze Menschheit.
Nachdem Gott seinem erstgeschaffenen Menschen Adam verbietet, vom Baum der Erkenntnis
des Guten und Bösen zu essen (Gen 2,17), bemerkt der Schöpfer, dass
unter den Tieren der Welt keine Gefährtin für Adam zu finden ist (2,20).
Er bemüht daraufhin erstmals die Materie, und erschafft Eva mithilfe einer
Rippe Adams (Gen. 2,22-24). Zunächst lebt das erste Menschenpaar
nackt und heiter im Paradies, bis Eva, vom Teufel in Gestalt der Schlange angestiftet,
eine Frucht von dem Baum der Erkenntnis nimmt und auch Adam davon zu essen gibt.
Den beiden wird ihre Nacktheit bewusst und sie verstecken sich, als Gott in den
Garten Eden zurückkommt. Auf seine Nachfragen erfährt der Allmächtige,
was die beiden getan haben und verflucht daraufhin die Schlange und den Acker,
den Adam zukünftig bestellen wird, denn er muss mit Eva das Paradies verlassen.
Eva wird, so will es der zürnende Gott, ihre Kinder in Schmerzen auf die
Welt bringen, Adam sein Brot im Schweiße seines Angesichtes essen (3,9-20).
Die von Adam her fortgepflanzte Verderbtheit der gegenwärtigen Menschheit
wird als Erbsünde (lat. peccatum originale) oder Erbschuld bezeichnet. Die
Mehrheit der Christen glaubt, dass seit dem paradiesischen Obstdiebstahl jeder
Mensch mit dieser speziellen Sünde geboren wird. Protestantische Christen
nehmen an, dass der natürliche Mensch in seiner Verderbtheit im Geistigen
zum gottgefälligen Guten schlechthin unfähig ist. Orthodoxe und katholische
Christen glauben dagegen, dass nicht alles, was der natürliche Mensch tut,
Sünde vor Gott ist. Da die Menschen sich aus eigener Kraft nicht von ihrer
Bindung an den ererbten Zustand der Ungnade vor Gott befreien können, sondern
dazu der Heilstat der Erlösung bedürfen, hat Gott nach einem ewigen
Ratschluss seinen Sohn als Erlöser auf die Erde gesandt. So ist der Sohn
Gottes Mensch geworden, um durch seinen stellvertretenden (Sühne-) Tod am
Kreuz, Gott für die Sünden der ganzen Menschheit Genugtuung (Satisfaktion,
zu lat. satisfactio) zu geben, und diese Wiedergutmachung gilt vor Gott als ausreichend.
Die dem menschlichen Auge unsichtbare Gnade Gottes wird durch die Sakramente
vermittelt. In den Ostkirchen und der römischen Kirche gibt es sieben von
Christus eingesetzte Sakramente, die die heiligmachende Gnade verleihen bzw. mehren:
Taufe, Firmung, Eucharistie (Altarsakrament), Buße, Krankensalbung, Priesterweihe
und Ehe. Taufe, Firmung und Weihe sind unwiederholbar. Demgegenüber kennen
die lutherischen und reformierten Kirchen zwei von Christus eingesetzte Sakramente:
Taufe und Abendmahl. Der Gerechtfertigte kann als Anhänger aller großer
Kirchen - mit Ausnahme der reformierten Kirchen - seinen einmal erlangten Gnadenstatus
wieder verlieren. Die Todsünde (lat. peccatum mortale; peccatum grave), die
nach katholischem Glauben den Verlust des Gnadenstandes bewirkt und die Verbindung
mit Gott zerstört, wird durch drei Merkmale gekennzeichnet: Versündigung
in einer wichtigen Sache oder Angelegenheit, klare Erkenntnis der Sündhaftigkeit
und völlig freie Einwilligung. Fehlt eines dieser Merkmale, so handelt es
sich um eine lässliche Sünde. Die Todsünde wird in der Regel nur
im Bußsakrament, im Notfall aufgrund der Liebesreue nachgelassen. Als Zustand
der Gottferne (altnord. Hel) wird die auf das Neue Testament (Mt 13,41-42; 2 Thess1,8-9;
Offb 20,15) bezogene Vorstellung von der Hölle bezeichnet. Auch
als leibliche Qual wird gedacht, was die von Gott abgefallenen Engel (Teufel)
und die als »Todsünder« unbußfertig bzw. mit noch nicht
nachgelassener Schuld gestorbenen Menschen erleiden: Den ewigen Tod, die ewige
Verdammnis, die ewige Strafe. Einen dritten Zustand, den des zeitweiligen Läuterungsleidens
zwischen Tod und endgültigem Jenseitszustand, kennt die römische Kirche:
Für diejenigen Verstorbenen, die im Augenblick des Todes zwar von schwerer
Schuld frei sind, aber noch lässliche Sünden und zeitliche Sündenstrafen
abzubüßen haben, für die also aktuell weder in der Hölle
noch im Himmel Platz ist, gibt es das Fegefeuer (lat. purgatorium = »Reinigungsort«).
Gott Durch seine Allmacht, Weisheit und Güte
hat Gott die Welt, d.h. alles, was außer ihm existiert, »im Anfang
der Zeit« aus dem Nichts (creatio ex nihilo = lat. »Schöpfung
aus dem Nichts«), allein »durch sein Wort« und nicht aus einem
bereits vorhandenen Stoff erschaffen. Innerhalb sechs Tagen hat dieser göttliche
Willensakt den sichtbaren Himmel und die Erde mit ihren Bewohnern erstehen lassen.
Im unsichtbaren Himmel sind die von ihm erschaffenen unzählbaren Engel, die
die Herrlichkeit Gottes und auch seine helfende Nähe veranschaulichen. Die
Engel (griech. angelos = »Bote«) dienen dem Herrn als Boten an die
Menschen. Als ein Teil der von Gott als gut erschaffenen Engel abfällt,
wird er von Gott für immer zur Hölle verdammt (2 Petr4; Jud6). Der
Widersacher Gottes und der böseste aller Geister (Mt 12,22-29) ist der Teufel
(althochdt. »Verleumder«; hebr. Satan = »Widersacher«;
griech. diabolos). Ohne die creatio continua, die Kraft, mit der Gott zu Anfang
die Welt erschuf, würde das Erschaffene wieder ins Nichts zurücksinken.
Die Macht Gottes, die über dem Weltgeschehen und Menschenleben waltet, die
Weltentwicklung und menschliche Schicksale leitet, heißt Vorsehung (griech.
pronoia; lat. providentia). Wegen der creatio in allen Fällen und der
pronoia wird Gott der Vater aller Menschen genannt. Abba (aram. »Vater«)
ist die Anrede Gottes im Gebet Jesu. Für die Christen besteht wegen ihrer
übernatürlichen Annahme an Kindes Statt ein weiterer Grund, Gott als
Vater zu bezeichnen. Dem Vater aller Menschen werden viele Eigenschaften zugeschrieben.
Am häufigsten wird die Allmacht genannt. »Bei Gott ist kein Ding
unmöglich.«, heißt es bei Lukas 1,37.
Das Gebet Christen verehren Gott beim häuslichen
Gebet ganz privat, oder bei dem sonntags stattfindenden Gottesdienst, zu dem sie
sich in der Kirche versammeln. Die meisten Kirchengebäude lehnen sich
im Aufbau an die mittelalterlichen Kathedralen an. Der ganze Raum, in dem es auch
ein Taufbecken gibt, ist auf den Altar ausgerichtet, eine Art großer Tisch,
vor dem das Abendmahl eingenommen wird. Während die Lesungen aus der
Bibel an einem Pult stattfinden, wird die Predigt von der Kanzel aus gehalten.
In der Regel leitet ein Priester den Gottesdienst, zu dem Lieder, Gebete, Bibellesungen
und eine Predigt gehören. Bei den meisten Christen steht das Heilige
Abendmahl im Zentrum dieser Feier. Zur Erinnerung an das Letzte Abendmahl bei
dem Jesus Brot und Wein segnete und seinen Jüngern mit den Worten reichte,
dies sei sein Leib und sein Blut und beides gebe er für das Leben der Menschen
hin, essen die Gläubigen ein Stück Brot (und trinken einen Schluck Wein).
Die Christen gedenken auf diese Weise des Lebens und Sterbens Jesu und feiern
seine Auferstehung. Ein regelmäßiger Bestandteil des Gottesdienstes
ist auch das nach seinen Anfangsworten benannte Gebet Vaterunser
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein
Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib
uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Vatikan im Internet http://www.vatican.va
| Islam
Vor rund 1400 Jahren begann der Prophet Muhammad die Botschaft des Islam
zu verkünden: Es gibt nur den einen Gott. (arab. Allah)
Islam
Das Leben Muhammads Der
Koran Die Ausbreitung des Islam Allah
Glauben Ramadan
Das Gebet Mekka Islam
Mit dem Wort Islam (arab. »Unterwerfung, Hingabe [an Allah]«)
wird nicht nur die von Muhammad zu Anfang des 7. Jahrhunderts in Mekka gestiftete
Religion bezeichnet, mit dem Wort Islam, das achtmal im Koran vorkommt, sind zugleich
auch die religiösen Pflichten eines Muslims gemeint. Die Anhänger
des Islam werden als Islamiten bzw. Muslime (arab. »die sich [Allah] Hingebenden,
Unterwerfenden«) bezeichnet. Die englische Form Moslems ist genauso
falsch wie Muselmann, die fehlerhafte Eindeutschung des türkischen "Musulman"
(aus pers. Musliman). Auch die im Abendland häufig nach dem Stifter des
Islam gebräuchliche Bezeichnung Mohammedanismus für die Religion und
Mohammedaner für die Anhänger, lehnen die Muslime wegen sachlicher Unkorrektheit
ab. Die Muslime bilden nach dem Christentum die zweitgrößte Religionsgemeinschaft
der Welt.
Das Leben Muhammads Schon vor seiner Geburt
geschehen vielerlei Wunderzeichen. Während Muhammads Mutter schwanger geht,
ruft jeden Monat eine Stimme im Himmel und auf Erden: »Heil, denn es naht
die Zeit, da Abul-Kasim geboren wird, glückselig gesegnet.« Das
Leben von Abul-Kasim ibn 'Abd-Allah, der den Beinamen Muhammad (arab. »der
Gepriesene«) trug, begann nach der christlichen Zeitrechnung am 20. April
des Jahres 570 bzw. 571 als Sohn des Kaufmanns 'Abd-Allah und der Amina in Mekka.
Sein Vater stirbt kurz vor oder nach seiner Geburt. Auf Veranlassung seines Großvaters
kommt er zu einer Amme, wo er die ersten Lebensjahre verbringt und mit seinem
Milchbruder die Herden weidet. Doch schon bald kann Muhammads Mutter die Pflegekosten
nicht mehr aufbringen. Der sechsjährige Muhammad verliert sie, als sie auf
dem Rückweg vom Besuch ihrer Eltern unerwartet stirbt. Nun nimmt ihn
der Großvater auf. Nach dessen Ableben, zwei Jahre später, findet der
Achtjährige Aufnahme in der Familie eines Onkels, mit dessen Sohn ihn zeitlebens
Freundschaft verbindet. Als der zwölfjährige Muhammad den Oheim einmal
auf einer Karawanenreise nach Syrien begleitet, sagt in Basra ein nestorianischer
Mönch namens Bahira Muhammads prophetische Sendung voraus und rät dem
Onkel, das Kind wohl zu behüten. Unter Anleitung des Oheims wird Muhammad
Karawanenführer und lernt, die Karawanen über mühsame und gefahrvolle
Wege sicher zum Zielort zu führen, was in jener Zeit mit erheblichen Gefahren
verbunden ist und große Verantwortung, Intelligenz und Voraussicht erfordert.
Die Stadt Mekka ist ein Umschlagplatz zwischen Südarabien und Syrien, Indien
und Ägypten. Hier wie auf seinen Karawanenreisen lernt Muhammad Angehörige
verschiedener Religionen kennen, u.a. Juden, christliche Nestorianer, Jakobiten
und Manichäer. Mit 25 Jahren tritt der in bescheidenen wirtschaftlichen
Verhältnissen lebende Muhammad in die Dienste der reichen vierzigjährigen
Kaufmannswitwe Khadidja (Chadidscha), er organisiert und leitet für sie Karawanenreisen
nach Syrien, wird ihr Vertrauensmann und heiratet die reiche Witwe schließlich
im Jahre 595. Die beiden führen 25 Jahre lang eine glückliche Ehe aus
der vier Töchter - Zainab, Ruqajja, Umm Kulthum und Fatima - hervorgehen.
Dazu wird Zaid ibn Haritha, ein freigekaufter Sklave, adoptiert. Als Muhammad
fünfunddreißig Jahre alt ist, wird er dazu ausersehen, den »schwarzen
Stein« in der Ecke der Ka'ba wieder einzusetzen, nachdem dieser bei einer
Zerstörung der Ka'ba aufgefunden worden war. Von nun an zieht sich Muhammad
immer öfter in die Einsamkeit der kahlen Berghänge zur Meditation zurück.
Eines Nachts, in der »Nacht des Schicksals«, es ist die letzte
Dekade des Monats Ramadan im Jahre 610 und der vierzigjährige Muhammad ist
in einer Höhle unterhalb des Berges Hira eingeschlafen, hat Muhammad im Traum
eine überwältigende Erscheinung des Geistes. Der Bote reicht ihm die
Schriftrolle und fordert: »Lies!« Muhammad aber entgegnet: »Ich
kann nicht lesen.« »Lies, lies!« ruft der Bote dem Träumenden
zu und presst ihm die Rolle an die Brust. Als Muhammad fragt: »Was soll
ich lesen?«, spricht der Bote: »Lies! Im Namen deines Herrn, der
alles erschaffen hat, und der erschuf den Menschen aus geronnenem Blut. Lies,
denn dein Herr ist der gnädigste, der den Gebrauch der Feder gelehrt, und
den Menschen lehrt, was er nicht gewusst.« (Sure 96,1-5) So liest denn
Muhammad und der Bote verlässt ihn. Als Muhammad schließlich erwacht,
ist ihm, als seien ihm die gelesenen Worte ins Herz geprägt. Noch auf dem
Berge weilend hört er eine Stimme vom Himmel ihn als Gesandten Allahs grüßen:
»Muhammad, du bist der Erwählte Allahs, und ich bin Gabriel.«
Muhammad sieht einen riesengroßen Engel aufrecht am Horizont stehen.
Über Vision und Audition zutiefst erschrocken, kehrt Muhammad voll Angst
in sein Haus zurück, wo er der Khadidja das Offenbarungserlebnis erzählt.
Sie ist die erste, die an seine Sendung glaubt und sie stärkt ihn mit ihren
Worten. Der Erwählte aber möchte die Welt und sich selbst fliehen
und sucht jetzt öfter die Bergwelt des Hira auf. Er findet keine Ruhe und
trägt sich in dieser Niedergeschlagenheit, als er schließlich glaubt,
Gott habe ihn verlassen, mit Selbstmordabsichten. Da spricht der Engel Gabriel
ein zweites Mal zu ihm und erinnert ihn an die traurigen Tage seiner Kindheit
und Jugend, die nun vorüber sind: »Dein Herr hat dich nicht verlassen
und nicht gehasst!... Fand er dich nicht als Waise und nahm dich auf? Und fand
dich irrend und leitete dich? Und fand dich arm und machte dich reich?«
(Sure 93,3/6-8) Während der nächsten drei Jahre bleibt die Offenbarung
Allahs das Geheimnis nur weniger Vertrauter. Außer Khadidja erfahren nur
die mit Muhammad verwandtschaftlich verbundenen (späteren Kalifen) Abu Bakr,
Uthman und 'Ali von ihr. Nach diesem fatra genannten Zeitraum wird Muhammad
im Jahre 612/613 eine weitere Offenbarung zuteil, bei der er aus Ehrfurcht sein
Haupt verhüllt: »O du (mit deinem Mantel) Bedeckter. Steh auf und
warne!« (Sure 74, 1f.) »O Prophet, verbreite, was von deinem Herrn
auf dich herabgekommen. Wenn du es nicht verkündest, hast du deine Sendung
nicht erfüllt ... Sage, was gut und sage, was schlecht ist, wie dir gesagt
wurde, und fürchte die Ungläubigen nicht.« Von jetzt
an tritt Muhammad mit seiner prophetischen Botschaft öffentlich in Mekka
auf. Er ist der unerschütterlichen Überzeugung, der berufene Gesandte
Allahs für die Araber zu sein und fordert die Menschen auf, keine Götzen
mehr anzubeten, sondern Allah, dem einzigen wahren Gott, zu dienen. Er versteht
sich als letzter und größter der vorangegangenen 124000 Propheten Allahs,
unter denen vor allem Mose und Jesus hervorragende Stellungen einnehmen. Muhammad
sieht sich als einen Freudenboten für die Gläubigen und einen Strafprediger
für die Ungläubigen. Seine prophetische Verkündigungen beruhen
auf den fortgesetzt empfangenen Offenbarungen der Suren des Korans, die er Zeit
seines Lebens empfängt. Ihn fröstelt und schaudert, wenn er das
Kommen einer neuen Offenbarung verspürt, und er lässt sich einen Schleier
oder Mantel reichen, unter dem man ihn stöhnen, röcheln und schreien
hört. Der Prophet ist nach jeder Offenbarung in Schweiß gebadet.
Von 612 - 622 verkündigt Muhammad das Nahen der Endzeit und mahnt angesichts
des bevorstehenden Gerichts zu Buße und Wohltätigkeit. Der Einzigartigkeit
Allahs schulden die Gläubigen völlige Unterwerfung (Islam). Unter
den Armen und Sklaven der Vorstadt findet der Prophet seine ersten Anhänger.
Dagegen wird die Haltung der herrschenden Kuraishiten immer abweisender, die durch
die neue Predigt ihren bisherigen Glauben bedroht sehen, der auch ihren Stamm
und ihre Gemeinschaft zusammenhält. Es kommt zu Gewalttätigkeiten gegen
Muhammads Anhänger. Die Oberschicht betrachtet ihn als Streit-Stifter.
Sie fürchten um ihren Einfluss und lehnen Muhammad als verrückten Poeten
ab. Schließlich belegen sie ihn mit einem Bann: Niemand darf mehr mit den
Mitgliedern des Hauses Hashim reden. Keiner darf ihnen Lebensmittel verkaufen.
Der Prophet rät seinen bedrängten Anhängern daraufhin, nach Abessinien
auszuwandern. Muhammads Leben ist, wenngleich er selbst nur die Offenbarung
des Korans als (einziges) Wunder gelten lässt, reich an Bemerkenswertem:
Wunder der Speisung und Heilung, Wasserwunder und Wunder mit der Teilung des Mondes
in zwei Hälften. Die "mystische Entrückung" im Sterbejahr
seiner Frau und seines Onkels, gilt als sein größtes Wunder: Er wird
vom Engel Gabriel auf der weißen Stute Burak von Mekka nach Jerusalem entführt.
Der Erwählte steigt in die sieben Himmel auf, in denen er nacheinander Adam,
Johannes und Jesus, Joseph, Idris, Aaron, Mose, und Abraham dann im 7. Himmel
begegnet, die ihn als rechtschaffenen Bruder und Propheten willkommen heißen.
Muhammad erreicht, dass die den muslimischen Gläubigen auferlegten ursprünglich
50 Pflichtgebote (salat) auf 5 pro Tag reduziert werden. Noch im selben Jahr
620 heiratet der Prophet die Witwe Sauda und verlobt sich mit einer Tochter abu
Bakrs, der sechs-/siebenjährigen 'A'isha (Aischa), die ab 623 seine Lieblingsfrau
ist. Muhammad entschließt sich 622 nach Jathrib auszuwandern, nachdem
ihn 18 von ihm selbst bekehrte Männer aus der Oase Jathrib bitten, überzusiedeln
und ihr Oberhaupt zu werden. Auch wegen der Konflikte mit den Machthabern seiner
Vaterstadt scheint dies angeraten: Die Kuraishiten beschließen, den unbequemen
Propheten zu töten. In Jathrib kommt er mit einigen Getreuen (muhadjirun
= »Emigrant«) vermutlich am 20. September 622 an. Die Stadt Jathrib
wird später in Madina an-Nabi (Medina) umbenannt. Das Jahr der »Auswanderung«
(hidjra, Hedschra) Muhammads von Mekka nach Medina wird seit dem Kalifen 'Umar
als Beginn der islamischen Zeitrechnung angesetzt, jedoch nicht mit dem Tag der
hidjra, sondern mit dem dem 16. Juli des Julianischen Kalenders. In
Medina wird Muhammad als Emir das politische Haupt der Stadt. Er übernimmt
jetzt zu seiner prophetischen Tätigkeit auch die Rollen des Staatsmanns,
Gesetzgebers und Feldherrn. Dort, wo er in Medina ankam, lässt er die erste
Moschee des Islam erbauen. Auf einem weiteren Grundstück wird das Wohnhaus
des Propheten und eine zweite Moschee errichtet. Hier in Medina ändert
sich der Inhalt seiner Offenbarungen vom bislang Endzeitlichen (Paradiesfreuden,
Höllenstrafen) zum Staatspolitischen, Juristischen und Sozialethischen.
Standesgemäß unterhält er einen Harem, zu dem neun Frauen gehören.
Ab 623 werden mekkanische Karawanen, die an Medina vorbeiziehen, zur Bestrafung
der Mekkaner für ihren Unglauben und ihre Ablehnung des Propheten, überfallen
und ausgeplündert. Als Muhammad im Jahr darauf versucht, der großen
Karawane der Kuraishiten den Rückweg aus Syrien abzuschneiden, kommt es zur
offenen Schlacht. Der Prophet siegt mit seinen 300 Gefolgsleuten über 950
Mekkaner. Die Sure 8, 17 sagt, dass es Allah ist, der die Feinde erschlägt
und den Sieg erringt. So kommt es mit der Zeit zur Vorstellung, dass die Form
kriegerischer Ausbreitung der islamischen Herrschaft von Allah gewollt sei. Die
Idee des »Heiligen Krieges«, des djihad, ist damit geboren. Muhammad
wird zum erbitterten Gegner des Judentums, da die Juden in Medina sich weigern,
seine Lehre anzunehmen. Der Prophet sieht sich als Erneuerer der »Religion
Abrahams«, die durch die »Schriftbesitzer«, Juden und Christen,
verfälscht worden ist, und deren Mittelpunkt die Ka'ba in Mekka war.
Muhammad bestimmt im Februar 624, dass von nun an statt Jerusalem die Ka'ba
in Mekka als kibla (»Gebetsrichtung«) gelten soll. Er macht den Freitag
zum Wochenfeiertag und ersetzt den nach jüdischem Vorbild eingeführten
Fasttag (ashura) durch den Fastenmonat Ramadan. Die Kurashiten, zum Vergeltungsschlag
gerüstet, rücken im Frühjahr 625 mit 3000 Mann gegen Medina vor
und besiegen Muhammads Gefolgsleute am Berg Uhud. Der Prophet wird verletzt. Ein
Stein spaltet seine Lippe, ein Pfeil durchbohrt seine Wange, er verliert zwei
Zähne. Zwei Jahre später belagern die Mekkaner Medina erneut, müssen
jedoch nach einigen Wochen wieder abziehen. Nun vertreibt Muhammad die in Medina
ansässigen jüdischen Stämme, die mit den Mekkanern sympathisieren.
Der Prophet lässt 600 Männer töten und ihre Frauen und Kinder als
Sklaven verkaufen. Er gewinnt die Beduinen als Bundesgenossen gegen Mekka.
Im April 628 unternimmt Muhammad eine Wallfahrt nach Mekka, ohne jedoch ans
Ziel gelangen. Er kann allerdings einen Waffenstillstand für zehn Jahre mit
den Mekkanern vereinbaren. Schon im März 629 zieht Muhammad mit seinen unbewaffneten
Anhängern friedlich in Mekka ein, betet seine Gebete, umschreitet das Heiligtum
der Ka'ba, besucht das Grab der Khadidja und kehrt dann nach Medina zurück.
Ein Jahr später kommt der Prophet mit 10000 Mann nach Mekka. Er kann triumphierend
und ohne Widerstand im Monat Ramadan auf einem Kamel sitzend in seine Vaterstadt
einziehen. Er umreitet siebenmal die Ka'ba, zerschlägt mit einem Stab die
altarabischen Götterbilder im heiligen Bezirk, mit Ausnahme des »schwarzen
Steins«, und erklärt Mekka zur »heiligen Stadt« des Islam.
Nachdem er die Neuordnung der Wallfahrt zur Ka'ba organisiert hat, kehrt er nach
Medina zurück. Mit 90000 Pilgern unternimmt Muhammad 632 seine »Abschiedswallfahrt«
zur heiligen Stadt. Er erkrankt nach seiner Rückkehr nach Medina, begibt
sich dennoch in die Moschee um zu predigen, Recht zu sprechen und Rat zu erteilen.
Am 8. Juni 632 kehrt er, nach einem letzten Besuch in der Moschee, zu 'A'isha,
seiner Lieblingsfrau zurück. Muhammad antwortet dem Todesengel,
der eintritt, und den Propheten um die Erlaubnis bittet, seine Seele von ihm zu
nehmen:»O Tod, tu dein Werk.« Er legt den Kopf in 'A'ishas
Schoß, »Der Freund, der Höchste, aus dem Paradies« sagt
er, und stirbt. Muhammad hinterlässt 3 Konkubinen und einen Harem von 9 Frauen,
die als »Mütter der Gläubigen« nicht wieder heiraten.
Drei Nächte nach seinem Tod wird der Prophet an der Stelle begraben, wo er
gestorben ist. Heute liegt sein Grab innerhalb der durch Anbauten erweiterten
Moschee in Medina. Sie ist von einem Gitter aus Schmiedeeisen und Messing umgeben,
auf der in mehrfacher Wiederholung das islamische Glaubensbekenntnis steht:
»Es gibt keinen Gott außer Allah; Muhammad ist der Gesandte Allahs.«
Muhammad, der sich Zeit seines Lebens als Mensch sah, wird im späteren
Islam mehr und mehr zu einem Übermenschen erhoben, indem man seine Sünden-
und Irrtumslosigkeit lehrt und ihn zum vollkommenen Menschen erklärt. Muhammads
Leben, in Überlieferungen und Biographien beschrieben, gilt für die
Muslime als vorbildlich.
Der Koran ist das heilige Buch der Muslime.
Für sie ist der Koran (dt. Vortrag, Lesung) das Wort Allahs. Die Muhammad
vom Engel Gabriel in den Jahren 610 - 632 übermittelten Offenbarungen sind
die Wiedergabe einer im Himmel befindlichen Urschrift, der auch die Tora des Mose
(Judentum) und die Evangelien Jesu (Christentum) entstammen. Allah hat von Zeit
zu Zeit durch die Propheten Offenbarungsschriften geschickt, zuletzt durch Muhammad
den Koran. Der Koran besteht aus 114 Suren (arab. »Abschnitte, Kapitel«),
die wiederum 6236 ajat (arab. »Zeichen, Verse) umfassen. Den zwei
großen Abschnitten in Muhammads Leben entsprechen die in die medinensischen
und mekkanischen Suren unterschiedenen Offenbarungen, wobei die mekkanischen den
sprunghaften, doch hinreißenden Stil des Propheten, die medinensischen dagegen
den nüchternen Stil des Staatsmannes und Gesetzgebers zeigen. Der Koran
enthält Lobpreisungen Allahs, prophetische Erzählungen über vorislamische
Offenbarungsträger wie Abraham, Mose und Jesus, Ermahnungen und Belehrungen,
endzeitliche Warnungen und Schilderungen des Gerichts. Nach der hidjra nehmen
gesetzliche Bestimmungen, lehrhafte Stücke, rechtliche Weisungen und auch
Texte der Selbstverteidigung zu. (Etwa Muhammads Rechtfertigung seiner Ehen in
Sure 33.) Der Koran sagt den Gläubigen, wie man betet und mit anderen
umgeht, was man anziehen und essen, und wie man leben soll. Ursprünglich
der Weg zum Tränkplatz, meint die shari'a (arab.»Gesetz«) heute
den zu befolgenden Weg überhaupt, das kanonische Gesetz, die religiösen
Pflichten. Das auf Allah als obersten Gesetzgeber zurückgeführte
Recht ist stattliches und religiöses Recht zugleich, da der Islam von der
Identität der muslimischen Gemeinde (umma) mit dem Staat ausgeht. Die
shari'a, »die Gesamtheit der auf die Handlungen des Menschen bezüglichen
Vorschriften Allahs« regelt die Beziehungen der Muslime zu Gott, zum Mitmenschen
und zur Gemeinschaft. Sie umfasst das gesamte religiöse, soziale, individuelle
und politische Leben der Muslime. Neben den gesetzlich erlaubten Dingen (halal)
gibt es gesetzlich verbotene Dinge (haram). Die Wissenschaft von der
shari'a heißt fikh (arab. »Einsicht, Vernünftigkeit«).
Die Gesetze werden in drei größere Sparten eingeteilt: kultische und
rituelle Verpflichtungen, bürgerlich-juristische Verhältnisse und strafrechtliche
Bestimmungen. Letzter sehen für bestimmte Vergehen wie Unzucht, Diebstahl,
Wegelagerei und Trunksucht strengste Strafen vor (Steinigung, 1000 Geißelhiebe,
Abhacken der rechten Hand u.a.), um dem Gesetzesübertreter Gelegenheit zu
geben, noch zu Lebzeiten Buße zu tun. Die staatlich anerkannten Rechtsgelehrten
heißen mufti (arab. »Entscheider«). Sie entscheiden, ob die
ihnen vorgetragenen Streitfragen im Sinne der shari'a zu bejahen oder zu verneinen
sind. Unbedingte Gesetzeskraft kommt dem von ihnen angefertigten Gutachten (fatwa)
zu, das von dem rechtsprechenden islamischen Richter (kadi) berücksichtigt
werden muß. Die in Persien und Indien übliche Bezeichnung
der Rechts- und Korangelehrten ist molla bzw. mullah (pers.; arab.: mawla = »Herr«).
Das Verbot figürlicher Darstellung alles Lebendigen, das durch die Aussprüche
des Propheten Hadith begründet ist, lässt in der islamischen Kunst eine
abstrakte Dekorationskunst (Arabesken, Mauresken) entstehen. Die Bauornamentik
ist fast ausschließlich geometrischer Natur. Selten werden stilisierte Tiere
und Pflanzen verwendet. Im Ornament spielt die Schrift eine besondere Rolle,
sie erfährt im sogenannten Kufi ihre besondere geometrische Ausgestaltung.
Im höfischen und bürgerlichen Bereich Persiens und Indiens wurde
das nur in der religiösen Kunst strikt eingehaltenen Verbot figürlicher
Darstellung durchbrochen. Im Mittelalter entstand eine religiöse Ikonographie
selbst mit Darstellungen des Propheten in der Miniaturmalerei. Es gehört
zur muslimischen Erziehung, den Koran zu lernen. Selbst wer kein Arabisch versteht,
versucht ihn im Original zu lesen. Wer den gesamten Koran auswendig rezitieren
kann, erhält den Ehrentitel hafis (arab. »Bewahrer«). Auf
dem Umstand, dass Mohammad einiges aus den ihm bekannt gewesenen jüdischen
und christlich-nestorianischen Texttraditionen übernommen hat, beruhen die
vielfältigen Parallelen des Korans zu Erzählungen und Aussprüchen
der jüdischen und christlichen Bibel. In Sure 3,19 werden noch die in
vorislamischer Zeit als Töchter Allahs hochverehrten Göttinnen, die
der Venus gleiche al-Uzza (= »die Mächtige«), die Schicksalsgöttin
Manat und die Sonnengöttin al-Lat (= »die Göttin«) genannt.
Die Ausbreitung des Islam Nach Muhammads
Tod breitete sich der Islam rasch in Arabien und seinen Nachbarländern aus.
Im 7. und 8. Jahrhundert wurde ein riesiges islamisches Reich, das von Spanien
über Nordafrika bis Indien reichte, von muslimischen Heeren errichtet.
Noch weiter nach Osten wurde der Glauben von muslimischen Kaufleuten gebracht.
Mit der Ausbreitung des Islam verbreiteten sich auch die islamische Kunst, Kultur,
Architektur und Wissenschaft. Das Schachspiel brachten im 10 Jahrhundert Muslime
mit nach Europa. Es kam ursprünglich aus Indien. Heute sind über
20 Prozent der Weltbevölkerung Muslime. Sie leben in mehr als 120 Ländern.
Allah Der Monotheismus bildet die Grundlage
des Islam. Es gibt keinen Gott außer Allah. Allah (aus arab. al-ilah
= »der Gott«) ist die Bezeichnung für das höchste Wesen.
Mit dem in vorislamischer Zeit bekannten ilah (syr. alaha; hebr. el) wird jeder
Gott benannt. Mit Allah wird die Hauptgottheit bezeichnet: »Gott des Hauses«
in Mekka. Durch Muhammad wird aus diesem Hauptgott des vorislamischen, altarabischen
Henotheismus, in Mekka unter dem Symbol des »schwarzen Steins« verehrt,
der einzige Gott des islamischen Monotheismus, Allah, dessen Name im Koran 2685
mal vorkommt. Zu Allahs Hofstaat gehören auch die Engel (mala'ika),
die geschlechts- und sündelos sind, nicht essen und trinken. Außer
für die Tiere sind die Engel gewöhnlich unsichtbar. Die Djinn, Mischwesen
zwischen Engeln und Menschen, sind Geschlechtswesen, sie essen, trinken und sind
entweder gut oder böse, gläubig oder ungläubig und stehen unterhalb
der Engel; jeder Mensch hat einen dieser guten und bösen Genien an seiner
Seite. Iblis bzw. Shaitan (=Satan), gilt als Haupt der Teufel. Bis zur
Auferstehung von den Toten (Sure 38, 73 ff), ist er aus dem Paradies verstoßen,
weil er als einziger Engel dem ersten Menschen Adam die von Allah befohlene Huldigung
verweigerte. Um den durch Shaitan verführten Menschen zu helfen, hat
Allah 124000 Propheten (nabi) gesandt. 313 davon waren höhere Gesandte und
Apostel (rasul), von denen 28 im Koran genannt werden. Adam wird als erster genannt.
Dann u.a. Ibrahim (Abraham), der »Freund Gottes«, Musa (Mose) und
Isa (Jesus). Allah hat, da ein gerechter Prophet nicht unschuldig sterben
kann, in letzter Minute den Leib Jesu am Kreuz durch den Leib eines anderen Menschen
ersetzt, so dass Jesus, ohne am Kreuz sterben zu müssen, in den Himmel auffahren
konnte, um dereinst wiederzukommen, das Jüngste Gericht einzuleiten.
Nach Muhammad, dem »Siegel der Propheten« (Sure 33, 40) wird kein
Prophet mehr kommen. Mit ihm ist die Offenbarung als Vorgang und Lehrinhalt abgeschlossen.
Glauben Die Glaubensätze der Muslime sind
überall auf der Welt gleich. Die Grundpflichten werden die »fünf
Säulen des Islam« genannt. Die erste Säule ist das Glaubensbekenntnis,
die shahada: »Es gibt keinen Gott außer Allah, und Muhammad ist sein
Prophet.« Die zweite Säule ist die salat, das Pflichtgebet.
Die dritte Säule ist die zakat, Wohltätigkeit, das Geben von Almosen
an Arme und Bedürftige. Die vierte Säule ist das sawm, das Fasten
im heiligen Monat Ramadan. Die fünfte Säule ist der hadjdj, die
Pilgerfahrt nach Mekka, die alle Muslime wenigstens einmal im Leben unternehmen
sollen. Bei den Kharidjiten und Isma'iliten kommt als sechste Säule und
Grundpflicht djihad, Gaubenskrieg hinzu. Der djihad (Schihad; arab. »Anstrengung«)
als Glaubenskrieg der Muslime gegen alle Nicht-Mulime wird aus zwei Stellen des
Koran abgeleitet: »So erschlaget die Götzendiener, wo ihr sie findet,
und packt sie und belagert sie und lauert ihnen in jedem Hinterhalt auf. So sie
jedoch bereuen und das Gebet verrichten und die Armensteuer zahlen, so lasst sie
ihres Weges ziehen«. (Sure 9,5; vgl. auch Sure 2, 186-189). Der Glaubenskrieg
wird in den medinischen Suren behandelt, zunächst als Kampf gegen Angreifer
und Abgefallene, später dann gegen die Ungläubigen, wobei die Schriftbesitzer
(ahl al-kitab = »Leute des Buches«), wie Juden, Christen, Sabäer
und Zoroastrier bei Zahlung einer Kopfsteuer und Einfügung in die islamische
Staatsordnung ausgenommen sind. Der Heilige Krieg dient der Ausbreitung des
islamischen Staatsgebietes, nicht unbedingt der gewaltsamen Islamisierung der
Ungläubigen. Die ganze Welt mitsamt der Menschheit wird nach islamischem
Staatsrecht theoretisch zweigeteilt in dar al-islam (»Islam-Gebiet«)
und dar al-harb (»Kriegsgebiet«). Dar al-islam meint die bereits unter
muslimischer Herrschaft stehenden Länder, dar al-harb bezeichnet die potentiellen
Kriegsschauplätze, bis auch diese Länder zu »Islam-Gebiet«
geworden sind. Die Verpflichtung zum Heiligen Krieg besteht also so lange,
bis die ganze Welt unter muslimischer Herrschaft und damit unter der Ordnung Allahs
steht. Die Verpflichtung zum Heiligen Krieg besteht nicht für ein Individuum,
jedoch für die muslimische Gemeinde insgesamt, sobald sie dazu in der Lage
ist. Die Zeit der Waffenruhe zwischen den Kriegen soll 10 Jahre nicht überschreiten,
wobei die jährlichen Vorbereitungen zum Heiligen Krieg als Kriegsjahre zählen.
Der djihad muss von einem muslimischen Herrscher oder Imam geleitet oder beaufsichtigt
werden. Ein Muslim, der kämpfend »auf dem Weg Allahs« sein
Leben lässt, ist ein Märtyrer (shahid) und kommt daher direkt ins Paradies,
wo zur Belohnung zweiundsiebzig Jungfrauen, die huris, den Gotteskämpfern
zu willen sind.
Ramadan Das muslimische Jahr ist reich
an Festen und Feiern. Am wichtigsten ist der heilige Monat Ramadan. Der Ramadan
ist der Name des 9. Monats im islamischen Kalenderjahr, der im Verlauf der (Mond-)
Jahre in alle Jahreszeiten fallen kann. In dieser Zeit besteht die Pflicht des
gesetzlichen Fastens (arab. sawm). Im 2. Jahr der hidjra führte Muhammad
anstelle des bis dahin nach jüdischem Vorbild gefeierten Versöhnungs-
und Fasttages 'ahura' diesen im Koran namentlich erwähnten Monat (Sure 2,
185) als Fastenmonat ein. Die volljährigen, gesunden Muslime fasten nach
vorausgegangener Absichtsfassung (niya) von Morgengrauen, von dem Zeitpunkt an,
da ein weißer Faden von einem schwarzen unterschieden werden kann, bis Sonnenuntergang,
d.h. sie essen und trinken in dieser Zeit nichts, enthalten sich des Rauchens
und des Geschlechtsverkehrs. Fasten soll die Selbstdisziplin stärken,
darüber hinaus erinnert es an Armut und Hunger und macht den Gläubigen
damit Allahs Güte noch stärker bewusst. Wenn der Neumond am Himmel
erscheint, endet der Ramadan. Das Ende des Fastens begehen die Muslime mit dem
Fest des Fastenbrechens, id al-fitr. Sie gehen in die Moschee, besuchen Freunde
und Verwandte und nehmen ein Festmahl ein. Muslimen ist generell der Genuss
von Schweinefleisch, Fleisch eines Tieres, bei dessen Schlachtung Allahs Name
nicht genannt wurde, und Alkohol untersagt. Verboten sind darüber hinaus
Zinsen, Glückspiele und damit zugleich - in orthodoxen Kreisen - Versicherungen.
Das Gebet
ist die zweite Säule des
Islam. Fünf mal am Tag sollen Muslime beten: bei Sonnenaufgang, mittags,
nachmittags, bei Sonnenuntergang und nachts. Die Gläubigen beten auf
arabisch und bewegen sich dabei, kurz gefasst, in einer bestimmten Reihenfolge:
Sie orientieren sich nach Mekka, verbeugen sich, knien nieder, berühren mit
Stirn und Nase den Boden und setzen sich wieder auf die Fersen. Sofern sie
einen sauberen Platz wählen oder einen Gebetsteppich auf den Boden legen,
können Muslime überall zu Allah beten. Lediglich am heiligen Freitag
haben die Männer die Pflicht, in der Moschee zu beten.
Vom freistehenden
hohen Turm, Minarett, von dem ein als Muezzin bezeichneter Mann die Gläubigen
zum Gebet ruft, blickt man auf einen großen offenen Vorhof (sahn) mit umlaufenden
schattigen Arkaden (riwaqs) herab, in dem sich mida, Brunnen für zeremonielle
Waschungen, befinden. Wasser ist ein Symbol für Reinheit. Die Gläubigen
können sich waschen, bevor sie die Moschee betreten. Quer zum Hof liegt der
Betsaal (sulla). Frauen und Männer beten getrennt voneinander. Sie blicken
in Richtung Mekka. Im Betsaal gibt der mihrab, ein Bogen oder eine Nische in einer
der Wände, die Gebetsrichtung an. Daneben befindet sich eine Kanzel,
minbar genannt, auf der der Vorbeter (imam) die Predigt hält. Frauen
können das Freitagsgebet besuchen. Für sie gibt es keine Verpflichtung.
Viele sprechen ihre Gebete zu Hause.
Spezielle Gebete begleiten jede Lebensstufe
eines Muslims. Dem Neugeborenen werden als erstes Gebete ins Ohr geflüstert.
Es sind die ersten Worte, die das Kind hört. Die »aqiqah«, die
Zeremonie der Namensgebung folgt nach sieben Tagen. Das Familienleben hat
große Bedeutung. Die Ehe wird vom Koran gefördert. Eine Scheidung ist
jedoch möglich. Der Muslim kann die Ehe ohne Begründung durch einfache
Scheidungserklärung (dreimaliges Aussprechen der Trennung) auflösen,
dagegen können weibliche Muslime eine Scheidung nur über einen langwierigen
Prozessweg eventuell erreichen. Da der Leichnam nicht beschädigt werden
darf, werden Verstorbene mit dem Kopf in Richtung Mekka begraben und nicht eingeäschert.
Mekka Hadjdj (Hadsch), die Wallfahrt nach Mekka,
zum Tal 'Arafat und nach Mina versuchen alle Muslime wenigstens einmal im Leben
auszuführen, sofern sie wirtschaftlich und gesundheitlich dazu in der Lage
sind. Während zu jeder Zeit des Jahres die »kleine Pilgerfahrt«
nach Mekka unternommen werden kann, findet die »große Pilgerfahrt«
im letzten Monat des Mondjahres, Dhu 'l-hidjdja, statt. Die große Pilgerfahrt
gilt als Erfüllung des religiösen Lebens. Derjenige, der den hadjdj
unternommen hat, darf sich hadjdji (Hadschi; [Mekka-]»Pilger«) nennen.
Zwanzig Kilometer vor Mekka unterziehen sich die Pilger einer rituellen Reinigung.
Die Wallfahrer kleiden sich alle in die gleichen schlichten Gewänder, zwei
ungesäumte, weiße Tücher, um zu zeigen, dass vor Allah alle gleich
sind. Zwei Tage darauf betreten die Pilger in Mekka den heiligen Bezirk (haram),
einen 164x108 Meter großen säulenumgebenen Hof, in dem sich auch der
ZamZam-Brunnen befindet, dem die Gläubigen Wasser entnehmen und in dem sie
ihre Kopftücher waschen. In der Mitte des haram befindet sich die Ka'ba
(Kaaba; arab. »Würfel«; 10 m breit, 12 m lang, 15 m hoch). Die
Ka'ba ist mit einem schwarzen Brokatteppich bedeckt, der nur über der Eingangstür
hochgerafft ist. Siebenmal umkreisen die Pilger die Ka'ba gegen den Uhrzeigersinn.
Sie küssen den »schwarzen Stein«, einen in einer Höhe von
1,5 m über dem Boden in einer breiten runden Silberfassung in der südöstlichen
Wandseite der Ka'ba eingemauerten Meteoriten von 30 cm Durchmesser. Dann gehen
oder laufen die Pilger zur Erinnerung an Hagar, die Mutter Ismaels sowie Magd
und Nebenfrau Abrahams, siebenmal hintereinander zu den Anhöhen zwischen
den zwei nahe gelegenen Hügeln Marwa und Safa. Am folgenden Tag wird
das Mittagsgebet im Tal 'Arafat gesprochen, wo sich das große Lager der
Pilger befindet. Am dritten Tag suchen die Pilger den Ort Mina auf, wo sie
(als Steinigung des Teufels) Steine auf drei Haufen werfen. Mit dem Opferfest
ad al-adha, bei dem ein Schaf oder eine Ziege geschlachtet wird, endet der hadjdj.
Jedes Jahr wird die Ka'ba in Mekka von über zwei Millionen Muslimen besucht.
| |