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Das Beste daran

Eine Geschichte aus der Anthologie Bisse und Küsse III

 

 

 

 

 

 

 

Das Beste daran
von Diana P. Bailey

Es ist ein Geschenk, sich immer wieder in die gleiche Frau zu verlieben. Mit dem ersten Bewusstsein, den vagen Gedanken und leise tastenden Blicken am Morgen die Linien ihres vertrauten Gesichtes liebkosen, die Kontur ihres Wonneleibes unter der Decke.
Wie schön, dass sie über mich hinweg muss, wenn sie das Bett verlässt. Ihre Brüste sind zum Greifen nah. Sie küsst meinen Mund, bevor sie die Treppe nach unten steigt. Bald darauf setzt sie sich mit einer großen Tasse Kaffee neben den Weinstock im Garten.
Ich mag, wie die Liebste den Tag beginnt, Pflanzen und Tiere betrachtet, das Haus und die Wolken.

Eigentlich sollte ich damals mit einem ganz anderen Schiff reisen. Viel zu früh erreichte ich den fast menschenleeren Hafen von Ancona. Die Agenturen waren geschlossen. Leichter Nebel lag über dem Wasser. Ich parkte hinter dem Gebäude und machte ein Nickerchen in der Morgensonne. Nach Öffnung des Schalters erfuhr ich, dass sich alles geändert hatte, und ich die Schnellfähre weiter im Süden nehmen müsste, auf der, als Ausgleich für die längere Anfahrt, bereits eine Kabine für mich reserviert sei.
Noch mal gut vier Stunden unterwegs, aber dann würde ich mit einem bequemen Schlafplatz zum griechischen Festland übersetzen und mich richtig ausruhen können. Ich machte mir Mut, knabberte einige Müsliriegel, tankte und trieb den Wagen zu Höchstleistungen.

Ich fand die Frau meiner Träume im Hafen von Bari. Gegenüber dem Anleger, wenige Meter von meinem Parkplatz entfernt, plauderte sie mit ein paar Engländerinnen. Der Wind trug das Lachen der Frauen und Wortfetzen zu mir herüber. Die attraktive Mittvierzigerin lehnte gegen ein bis zur Decke beladenes Fahrzeug und bot zwischendurch Süßigkeiten aus einer Blechdose an.
Sie trug weite, dunkle Hosen, deren Stoff in der leichten Brise flatterte und eine kurze Bluse in strahlendem Blau, die hin und wieder einen Blick auf ihren gebräunten Bauch freigab. Sie sprach ein gepflegtes Englisch mit leicht süddeutschem Akzent.
Irgendwann erzählte sie den Witz, der davon handelte, dass die Große Göttin den Menschen die verschiedenen Talente verlieh. Als nur noch zwei zu vergeben waren, das Vermögen im Stehen zu pinkeln, und die Fähigkeit multiple Orgasmen zu erleben, wählte Adam vorschnell Ersteres.
Die britischen Artgenossinnen grienten. Der Hieb zielte auf die Horde von schnauzbärtigen See- und Serviceleuten, von denen die Gruppe regelrecht umkreist wurde.

Wir verloren uns beim Einchecken, das in hektischer Betriebsamkeit vonstatten ging. Ich bezog eine Kabine mit zwei Kojen und einem großem Bullauge, freute mich über die sanitären Einrichtungen, lutschte die Bonbons, die zusammen mit einer bebilderten Fahrgastinformation auf den Kopfkissen drapiert waren, und streckte mich ein Stündchen auf dem schmalen Bett aus. Anschließend durchstreifte ich die Fähre und aß eine Kleinigkeit im Restaurant. Die See war ruhig. Ich genoss das leichte Vibrieren des Stahls unter meinen Füßen, den Fahrtwind und einen grandiosen Sonnenuntergang.
Am späten Abend entdeckte ich die Schöne mittschiffs. Sie war vom Inhalt ihrer Kühlbox umgeben. Geschickt hantierte sie mit einem Campingkocher. Sie lächelte mir zu, wies auf den benachbarten Stuhl und reichte mir die eben gefüllte Tasse. Ich dankte versuchsweise auf Deutsch, setzte mich und nippte vom heißen Trank. Sie sah mir einen Moment länger als üblich in die Augen und entgegnete, wie klein die Welt doch sei. Wir stellten uns einander vor, und Maria bemerkte, dass die römische Diana der griechischen Artemis vergleichbar ist, der jungfräulichen Göttin der Jagd und Schutzfrau der Tiere. Dann füllte sie das Töpfchen aufs Neue und kochte Kaffee für sich. Sie bot mir Käse, Brot und Oliven an. Ich steuerte eine Tafel Zartbitterschokolade bei und hatte das Gefühl, als würden wir uns schon ewig kennen.

Wir plauderten unterm Sternenhimmel. Ich nahm das Thema vom Parkplatz auf und erzählte von den Entdeckungen der Australierin Dr. Helen O'Connell, einer Chirurgin und Urologin, die 1998 erstmals die wahren Ausmaße unseres besten Stücks beschrieben hatte, das sich, abgesehen von dem kleinen, äußerlich sichtbaren Teil, dem Kopf der Klitoris, mit Körper, Armen und erektilem Gewebe bis zu zehn Zentimeter tief in das Innere des weiblichen Körpers erstreckt.
Maria kannte die Berichte und meinte, sie bestätigten lediglich, was jede Frau spätestens beim Orgasmus selbst spüren könne: Das Vorhandensein eines ausgedehnten Systems von sexuell hochaktivem Gewebe im Unterleib. Das wirklich Interessante für sie persönlich sei jedoch der Umstand, dass die männlich dominierte Ärzteschaft das weibliche Genital so lange unbeachtet gelassen hatte. Erst O'Connell wies auf die Verletzbarkeit des Organs bei medizinischen Eingriffen hin. Vorher war die Klitoris völlig unerforscht und es gab keine Bilder von ihr. Hier offenbare sich, welchen Wert Frauen gesellschaftlich genössen.

Ich stimmte ihr zu. Es musste sich Grundlegendes tun. Wir aßen Käse und Schokolade, und sinnierten, wie das Los der Frauen insgesamt zu bessern wäre. Maria erklärte, alle bisherigen Bemühungen seien kläglich gescheitert. Das Patriarchat habe über die Jahrtausende ganze Arbeit geleistet.
"Ich vermute zudem," sagte sie und wickelte sich fester in ihre Jacke, "dass es sich ähnlich verhält wie in vielen anderen Bereichen: Auch die wohlmeinendste Feministin ist letztlich daran interessiert, sich die verschreckte Klientel und den Status Quo zu erhalten, damit sie die eigene Existenzberechtigung behält. Es ist doch grundsätzlich etwas verkehrt, wenn andere einen befreien wollen. Selbstbestimmung ist ein innerer Wert, und nichts, was einem geschenkt werden kann!"
Maria strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Stimme klang eindringlich und sanft zugleich: "Jede Frau muss für die eigene Person Freiheit erlangen und ich persönlich glaube, das ist am Leichtesten über die Sexualität zu machen. Die Natur hat es hierbei nämlich ausgesprochen gut mit uns gemeint! Dieses Kribbeln zwischen den Beinen, das Ziehen Richtung Bauchnabel, das kennt doch jede von uns. Die halbe Menschheit. Immerhin. Und bei einer so starken Kraft, mit einem wiederholt lustfreundlichen Organ wie der Klitoris ausgestattet, wird es doch wohl möglich sein, als Gattung mit erheblich höherem Funfaktor durchs Leben zu gehen. Oder etwa nicht? Hast du je von Sexualmagie gehört? Diese gestattet eine ganz neue Form der Frauenbewegung!"
Maria zwinkerte mir zu: "Schier Unglaubliches ist möglich, vorausgesetzt es gelingt, all die lebensfeindlichen Moral- und Tugendvorstellungen über Bord zu werfen, die Männer im Laufe der Zeit erfunden haben, um Macht über Frauen auszuüben. Vielleicht bedarf es einer neuen, diesmal eigens für uns kreierten Heilslehre, welche die Frau in den Mittelpunkt stellt: Fort mit dem strafenden Vatergott und seinem blutigen Sohn. Her mit der omnipotenten, lebensfrohen Schöpferin!"
Ich war sofort einverstanden.
"Okay, wir machen es komplett anders: Verehrt wird das Weibliche, die große Mutter Erde, repräsentiert durch jede einzelne von uns. Absolut genial. Die Frau an sich ist heilig! Ihr Körper ein Tempel!" Ich geriet ins Schwärmen. Mein Blick ruhte für einen Moment auf Marias Brüsten. "An den Festtagen wird der heiligen Hügel oder Bälle gedacht, die gesegneten Lippen werden gefeiert, und die Spalte der Glückseligkeit gepriesen!" Ich klatschte entzückt in die Hände.
"Und darüber hinaus erklären wir lesbischen Sex zur wiederentdeckten Naturmedizin", ergänzte Maria. "In Zeiten der sich mannigfaltig auswirkenden Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen heißt es mehr als je zuvor auf sich selbst zu gucken. So wird einiges an beinahe vergessenen Haus- und Heilmitteln erneut in die tägliche Körperpflege und Ernährung integriert. Und mein besonderer Tipp zur Selbstmedikation im Alltag: Hobi-Saft!"
"Hobi-Saft?" Es dauerte einen Moment, bis der Cent bei mir fiel.
"Wissenschaftlerinnen in Amiland haben kürzlich die Ergebnisse einer Studie über das Scheidensekret veröffentlicht. Es handelt sich um einen recht nahrhaften Eiweißcocktail, wenn du so willst. Abhängig natürlich von der Kost der jeweiligen Spenderin." Maria lächelte. Wir hatten längst klar gemacht, dass wir beide vegetarisch leben.
"Doch warum Hobi?" fragte ich zweifelnd.
"Natürlich können wir es auch Lecki nennen", grinste sie. "Doch du merkst selbst, dass dieses Wort beim Aussprechen die Mundwinkel recht ungünstig beeinflusst. Wir wollen ja schon seriös bleiben. Hobi hat was Gediegenes. Auf Hobi ist Verlass!" Maria strahlte. "Mit einem Mal hat jede Frau etwas ganz Wunderbares: Das Wissen um die eigene Vollkommenheit. Und sie kann die körpereigene Medizin, die sich zur Heilung vieler Wehwehchen und natürlich auch zur Prophylaxe eignet, jederzeit lustvoll bei sich selbst, oder ihrer Freundin fördern. Das Beste daran", Marias Rechte zeigte auf ihre Möse, die Linke tippte gegen ihre Stirn. "ist eben das Gute darin. Gelobt sei das Leben!"
"Gelobt sei das Leben!", stimmte ich begeistert ein. "Hobi zum Frühstück - Wonne und Glück! Hobi am Abend - kräftigend und labend!", reimte ich im Überschwang und voller Vorfreude auf Kommendes. Ich würde strotzen vor Gesundheit!

Wir lachten viel in dieser Nacht. Maria meinte, dass wir uns doch beide zu schade für ein kleines Abenteuer wären, und aus unserer Begegnung viel mehr entstehen könne als eine kurze, hitzige Romanze. Ich fand das Angebot schmeichelhaft und verlockend. Es nahm Zeit und Umständen die scheinbare Wichtigkeit. Alles war möglich. Wir würden zusammensein, solange es uns Freude machte.
Sie fragte, was ich mir gewünscht hätte, in den letzten Monaten und welche meiner Vorstellungen von Glück mich zu ihr geführt habe. Mir wollte keine rechte Antwort einfallen. War ich nicht zufrieden seit geraumer Zeit? Ich malte Bilder und verkaufte sie. Was tut eine Malerin sonst? Mir fehlte nichts. Ich genügte mir, ganz und gar. Selbst der Sex, den ich mit mir allein hatte, war vom Feinsten.
Und dennoch konnte ich mich nicht satt sehen an ihren dunklen Augen, an der Zunge, die blitzschnell die roten Lippen befeuchtete, und Marias Art, mit den Händen das Reden zu begleiten. Sie gestikulierte zuweilen so sehr, dass ich den Eindruck hatte, sie spräche mit den Fingern, diesen langen, feingliedrigen, die mich immer mehr in Bann zogen.
Nach einigen Stunden war ich der Betörenden völlig erlegen. Gegen Morgen bat sie mich, meine Sachen zu holen und ihr in die Kabine zu folgen.
Ich stellte gerade meine Tasche ab, als Maria mit einer eleganten Bewegung die Druckknöpfe ihrer Bluse aufspringen ließ. Sie gewährte mir einen kurzen Blick auf ihren Busen in dunkelblauer Seide, küsste mich zärtlich, und verschwand in der Nasszelle. Ich hörte das Rauschen des Duschwassers und sah mich um. Der Raum war eingerichtet wie meine Kabine.
Maria hatte es erfreut zur Kenntnis genommen und ein gutes Omen genannt, dass ursprünglich keine von uns eine Koje buchte und wir nun sogar über zwei Betten zu viel verfügten.
"Es lässt Prächtiges für unsere Zukunft erwarten", verkündete sie.
Ich zählte die Karos des Vorhangs horizontal und vertikal, merkte plötzlich, wie erschöpft ich war, nahm einen Schluck aus der Mineralwasserflasche und legte mich hin.

Sie weckte mich mit einer Tasse Kaffee, einigen Keksen und dem schönsten Lächeln der Welt - etwa eine halbe Minute bevor die Durchsage kam, dass wir den Hafen von Patras in Kürze erreichen würden.
Ich wusste erst gar nicht, wie mir geschah, rettete mich ins Bad und sprang unter den heißen Wasserstrahl. Während ich die Zähne putzte, konnte ich es bereits witzig finden, dass ich einfach weggepennt war. Bei so einer Frau! Es war aber auch verdammt wenig Schlaf gewesen, in den letzten Tagen.
Maria nahm es ganz und gar nicht persönlich. Sie strahlte mich an, als ich ins Zimmer trat, umarmte und küsste mich.
"Nun müssen wir uns aber beeilen," drängte sie. "Die ersten Wagen verlassen bereits das Schiff. Sicher wollen viele, ebenso wie wir, möglichst rasch nach Piräus, um die schnelle Nachmittagsfähre zu erreichen."

Ich genoss es, hinter Maria her zu fahren. Sie legte ein ziemliches Tempo vor. Anfangs auf der gut ausgebauten Straße, später durch die schmalen Gässchen Athens, in denen ich nur ab und zu einen der verwitterten und kaum lesbaren Wegweiser zum Hafen entdecken konnte.
Wir hielten erst wieder vor der Hafenmeisterei. Maria spurtete ins Gebäude. Ich kaufte Obst bei einem freundlichen Alten am Kiosk und ging gleichfalls noch mal an Land auf die Toilette.
Das Schiff war fast leer, die Überfahrt ruhig. Am späten Abend würden wir in Souda anlegen. Wir schoben ein paar Stühle auf dem Achterdeck zusammen, teilten uns schweigend eine Packung Chips und aßen die süßen Trauben aus Piräus. Ich betrachtete das Meer, die Frau an meiner Seite, und spürte, wie vertraut sie mir bereits war. Vieles auf dieser Reise hatte sich ganz anders entwickelt als von mir geplant. Statt in die Fremde zu gehen, fühlte ich mich, als würde ich nach Hause kommen.
Ich schwelgte ein wenig und streichelte Maria mit den Augen, das markante Gesicht, die hübschen, kleinen Ohren, ihre Arme, bis sie meinen Blick mit ihrem fing und nach meiner Hand griff.
"Ich bin geil auf dich", sagte sie. Einfach so. Der Satz hätte von mir sein können. Übergangslos berichtete sie, dass sie die meiste Zeit des Jahres auf Kreta zubrachte, welche Umstände sie einst auf das Eiland geführt hatten, und wie sie dort lebte. Ihre Liebe zur Insel war offensichtlich.

Es war stockdunkel, als wir das Dorf erreichten. Stromausfall. Maria nahm es gelassen. "So etwas passiert im Frühjahr öfter. Vor allem, wenn es länger oder besonders stark regnet. Dann wird schon mal ein Leitungsmast weggespült. Richte dich darauf ein, wenn du am Rechner sitzt, oder mit elektrischen Maschinen arbeitest."
Sie entzündete einige Kerzen und schürte den Ofen in der geräumigen Küche, die bald von Katzen, Hunden und vermutlich den meisten Bewohnern des Ortes erfüllt wurde. Ich saß am Tisch und staunte über das Tohuwabohu. Es war ein großes Hallo, ein Kommen und Gehen. Hin und wieder erhaschte ich einen Blick auf meine Gastgeberin, die umarmt wurde, oder hinausflitzte um Gegenstände aus dem Wagen zu holen, die sie zum Auspacken und Bestaunen an die jeweiligen Empfänger weiterreichte. Anscheinend hatte sie für alle etwas mitgebracht. Maria sah gut aus in dem Gewusel. Ihre braunen Locken flogen. Es ging über Stunden. Wie praktisch, dass ich noch auf der Fähre gelernt hatte, diesen schmackhaften griechischen Kaffee zu bereiten. Ich bediente den Kocher und war augenblicklich von Durstigen umgeben. Mein Erzeugnis wurde gelobt und weiter empfohlen. Ich schaffte es kaum, die Nachfrage zu befriedigen. Nach einiger Zeit drückte mir eine ältere Frau eine Tüte Kaffeemehl in die Hände und machte Zeichen, ich solle Marias Dose von nun an schonen. Die Umstehenden lachten. Ich kochte weiter, trank gelegentlich selbst ein Tässchen gegen die Müdigkeit, und hatte mich gerade damit abgefunden, für den Rest meines Lebens nichts anderes mehr zu tun, als Maria die letzten Besucher verabschiedete und hinter ihnen die Hoftür schloss.
Sie drehte sich mit einem Lächeln zu mir. Ich durfte als Erste ins Bad und schaffte es, in dieser Nacht gewaschen und entkleidet neben ihr zu schlafen.

Die Sonne weckte mich kurz vor sieben. Mein Blick ging vom Bett zum Fenster hinaus in den Garten, wo ich Maria entdeckte. Ich fühlte mich erholt und bereit zu neuen Taten. Wir verbrachten den Tag am Meer. Ich spielte mit den Hunden und hatte ein Auge auf meine Begleiterin, die, ganz in Weiß, einfach bezaubernd aussah. Während ich am Strand herumtollte, saß sie mit einem Buch unterm Sonnenschirm und nippte hin und wieder an ihrem Wasser. Ich merkte erst nachmittags, dass ich zu wenig getrunken hatte und viel zu viel in der Sonne gewesen war. Auf dem Heimweg begann ich zu frieren, mein Kopf tat weh, mir war schwindelig und kotzübel. Ich entledigte mich meines Mageninhaltes, fühlte mich zum Wegwerfen, und war froh, als der Schlaf mich kurz nach Sonnenuntergang in seine mitleidigen Arme nahm.

Am nächsten Morgen folgte ich Marias Rat und verteilte mehrmals Olivenöl auf meiner geröteten Haut, ehe ich mich ein wenig vor die Tür wagte und den Garten bewunderte, die üppig blühenden Rosen, den duftenden Lavendel, die Reihen kräftig grünen Salats. Ich kam mit meinem Kaffee unterm Feigenbaum zu sitzen und lachte mit Maria darüber, dass ausgerechnet diese fingerförmig gelappten Blätter die Blöße der ersten Menschen bedeckt haben sollten.
"Überhaupt gibt es zu denken", äußerte sie mit leichtem Stirnrunzeln, "dass der Allmächtige erst Geschöpfe formt, nach seinem Ebenbild, und diese sich dann später für ihr Aussehen schämen. Da ist doch frühzeitig was schief gegangen im Paradies. Auch mit der Sexualität. Jetzt mal im Ernst. Wozu die Kraft, dieses unsägliche Verlangen zwischen den Schenkeln, wenn die ganze Sache lediglich der Fortpflanzung dienen soll? Dann reicht es doch, das Gefühl kommt alle paar Monate über die Leute. Maximal. Hast du dich jemals mit der Idee befasst, diese Energie zu kanalisieren und beispielsweise der Wunscherfüllung dienstbar zu machen?"
Ich überlegte. Sie formulierte es so technisch.
"Also, da kommen mir nur Gestalten wie Aleister Crowley und Austin Spare in den Sinn," erwiderte ich. "Mehr oder weniger durchgeknallte Zauberer, die sicher in ihrer Zeit gesehen werden müssen. Wenn du wissen willst, ob ich mir vorstellen kann, mit einer Frau alle Register zu ziehen: Das war lange mein Wunsch. Eine Geliebte, die voll da ist, die selbst auf sich achtet, und genau weiß, wo sie hin will."
Maria nickte.
Melodisches Hupen unterbrach unser Gespräch. Das Postauto. Sie lief zum Tor und begann in flüssigem Griechisch eine Unterhaltung mit dem Fahrer des Pickups, der ihr mehrere Briefe und Päckchen überreichte. Sie sah wieder klasse aus, in knappen Shorts und trägerlosem Top.

Wir werkelten Stunden an der frischen Luft und versetzten eine riesige Datura, die kurz vor der Blüte stand, an einen schattigeren Platz hinter dem Haus. Glücklich mit dem Erreichten, doch erschöpft, stärkten wir uns bei einem opulenten Mahl.
Ich aß etwa ein Halbdutzend Dolmades, gefüllte Weinblätter, die mit einer leichten Ei-Zitronensauce gereicht wurden, fand den Salat aus gekochtem Gemüse und die Käsepastetchen gleichfalls köstlich, ließ mir nachfolgend einige saftige Spieße vom Grill, Souvlakia me lahanika, schmecken, und zum Dessert einen ganz ausgezeichneten, mit Sirup übergossenen Grießkuchen, der Revani genannt wurde.
"Nun hilft nur noch ein längerer Mittagsschlaf," stöhnte ich beim Abräumen. Meine Gastgeberin dankte mit einem Kuss für die Erinnerung und zog mich mit sich.
"Und, was ist mit dir? Weißt du denn, was du willst?" fragte sie, kaum dass wir im Bett lagen. Ich nickte bloß und nahm Maria in die Arme.
Wir schmusten mit offenen Augen. Ich streichelte ihren Busen, leckte an den Brustspitzen, bis sie fest und dunkel wurden, rutschte tiefer und zog mit der Zunge eine lange feuchte Spur zu ihrem Nabel.
Ein Stück noch, dann war ich da, wo ich all die Tage schon hingewollt hatte: Das Hobi-Paradies lag vor mir! Ich teilte sacht die nassglänzenden Lippen, und begrüßte die Meisterin der multiplen Orgasmen, die rosige Perle der Lust, die sich selbstbewusst an meine Zunge drückte.

Copyright Diana P. Bailey